Kommentar |
Prägend für heutige Vorstellungen von der Literatur des Mittelalters sind insbesondere die weltlichen höfischen Epen, etwa die Artusepik. Im Mittelalter selbst wurden aber geistliche Texte weitaus häufiger rezipiert. Gerade die in großer Fülle überlieferten, heute zu Unrecht kaum noch bekannten Lebensgeschichten heiliger Männer und Frauen zeugen von der starken Faszination, die die Heiligen im Mittelalter ausübten, als Vermittler zwischen Gott und den Menschen und als diejenigen, durch die das Göttliche auf Erden präsent blieb. Gleichzeitig zeigen sie gelegentlich auch die menschlichen Seiten der Heiligen, vor allem in den 'Sünderlegenden'. Im Seminar werden ausgewählte Texte (vor allem aus dem niederrheinischen Raum) gemeinsam gelesen und übersetzt. Gezeigt werden soll weiterführend, wie die ältesten mittelalterlichen Legenden in der Volkssprache bereits Erzählmuster entwickeln, die später in den weltlichen Epen erneut Anwendung finden: Viele narratologische Prinzipien, die für die mittelalterliche weltliche Epik charakteristisch sind, haben in den Legenden ihre Vorstufen. |