Kommentar |
Das Alte Reich, mit vollem Namen „Heiliges Römisches Reich Deutscher Nation“, war das frühneuzeitliche politische System des deutschsprachigen Raumes. Es war geprägt vom Dualismus zwischen Reichsständen und Krone, d.h. zwischen allen, die in einem Territorium Landesherren waren, aber doch die Krone als oberste Instanz anerkannten, und dem deutschen König (bzw. dem römischen Kaiser). Die Inhaber der Krone stammten in der Frühen Neuzeit (mit der Ausnahme des Wittelsbachers Karl VII. 1742-45) immer aus der Dynastie der Habsburger. Das Reich als politisches System entstand im Zuge der „Reichsreform“ des 15. Jahrhunderts. 1495 nahm es in Worms greifbare Formen an in Gestalt zweier Institutionen, des Reichstags und des Reichskammergerichts. Wichtige Stationen bei der Ausgestaltung dieses politischen Systems bildeten der Augsburger Religionsfrieden von 1555 sowie die Friedensschlüsse von Osnabrück und Münster 1648. Das Ende des Alten Reiches markiert das Jahr 1806, in dem Franz II. angesichts einer Reihe von katastrophalen Niederlagen gegen Napoleon I. die Kaiserkrone niederlegte und das Heilige Römische Reich Deutscher Nation für beendet erklärte. Die politische Bedeutung des Alten Reichs war und ist innerhalb der Geschichtswissenschaft umstritten: Im 19. und frühen 20. Jahrhundert sah die „borussische“ Schule in ihm ein schädliches Gebilde, das Deutschland an der Entwicklung zum Machtstaat gehindert habe, wie es dem „Erbfeind“ Frankreich im 17./18. Jahrhundert gelang. Nach 1945 wurde das Heilige Römische Reich Deutscher Nation als eine Friedens- und Rechtsordnung rehabilitiert, ja als eine politische Ordnung verklärt, die zu einem Angriffskrieg strukturell ungeeignet gewesen sei. Schließlich sah man im Alten Reich sogar bestimmte Züge der Europäischen Union präfiguriert. Die Vorlesung soll das Zusammenspiel der verschiedenen Reichsinstitutionen – jenseits solcher tagespolitischer Vereinnahmungen – darlegen und damit eine Einführung in das Funktionieren eines fremdartigen und faszinierenden politischen Systems bieten. |
Literatur |
Helmut Neuhaus, Das Reich in der Frühen Neuzeit (Enzyklopädie Deutscher Geschichte 42), München 1997. Georg Schmidt, Geschichte des Alten Reiches. Staat und Nation in der Frühen Neuzeit 1495-1806, München 1999. Axel Gotthard, Das Alte Reich. Verfassungsnormen und Verfassungswirklichkeit (Geschichte Kompakt), Darmstadt 2003. |
Bemerkung |
A3; B2 Auch: E2, E3, Gasthörer, Schüler Zu dieser Veranstaltung sind maximal 20 BA-Studierende des Moduls E3 Studium liberale eingeladen. Ausschließlich für E3-Studierende sind die Anmeldebedingungen auf der Seite www.uni-due.de/studium-liberale beschrieben. (Nennen Sie bitte Namen, Matrikelnummer, Studiengang und Fachsemester). Bitte melden Sie sich NICHT über LSF an, auch wenn dies möglich sein sollte. |