Kommentar |
Soziale Ungleichheit gehört zu den elementaren Erfahrungen von Gesellschaft. Zugleich ist die Idee der Gleichheit eine der wichtigsten Leitideen moderner Gesellschaften. Vor diesem Hintergrund ist die Frage nach den Ursachen und Formen sozialer Ungleichheit ein zentrales Thema der Sozialwissenschaften, und sie war eine der Triebkräfte, die überhaupt zur Entstehung einer Wissenschaft von der Gesellschaft und vom sozialen Zusammenleben geführt haben. In der Soziologie finden sich zahlreiche Theorien und Begriffe, die unterschiedliche Formen und Mechanismen sozialer Ungleichheit beschreiben. Verschiedene Gesellschaften bringen je spezifische Formen sozialer Ungleichheit hervor. Aber es gibt auch allgemeine Mechanismen, die sich nur jeweils anders ausdrücken. Mit Blick auf moderne Gesellschaften beschäftigt sich die Soziologie insbesondere mit der Frage, wie sich die Formen sozialer Ungleichheit wandeln. Ungleichheit ist einerseits eng mit Fragen der Macht und dem Zugang zu knappen Ressourcen verknüpft, und dies bildet ein Konfliktpotential, das eine wichtige Triebkraft für sozialen Wandel darstellt. Andererseits kann Ungleichheit als Form sozialer Differenzierung eine Gesellschaft aber auch integrieren, und selbst Konflikte können die Form einer stabilen Ordnung annehmen. Klassische und offen erkennbare Formen sozialer Ungleichheit bauen auf unterschiedlichem materiellem Besitz und auf dem unterschiedlichen Zugang zu den verschiedensten Gütern auf, die es in einer Gesellschaft gibt. Um dies zu beschreiben, hat die Soziologie eine Reihe von Modellen entwickelt und immer feiner differenziert. Neben diesen materiellen Aspekten gibt es aber auch andere Formen und neue Dimensionen sozialer Ungleichheit, die auf symbolischen oder kulturellen Unterschieden beruhen und die nicht allein nach dem Modell einer hierarchischen Schichtung funktionieren; beispielsweise soziale Bevorzugung oder Benachteiligung bzw. Inklusion und Exklusion, z. B. aufgrund von Geschlecht oder nach der ethnischen Zugehörigkeit. Zudem können sich die verschiedenen Dimensionen und Strukturgeber sozialer Ungleichheit überlagern. Das Seminar behandelt ein breites Spektrum an Ansätzen und Theorien und legt Wert auf deren kritische Diskussion. |
Literatur |
Zum Seminar wird ein Semesterapparat erstellt, der unter anderem einen detaillierten Seminarplan und weitere Literaturhinweise enthält. Bude, Heinz / Willisch, Andreas (Hrsg.): Das Problem der Exklusion. Ausgegrenzte, Entbehrliche, Überflüssige, Hamburg 2006 Burzan, Nicole: Soziale Ungleichheit. Eine Einführung in die zentralen Theorien, Wiesbaden 2004 Berger, Peter A.: Deutsche Ungleichheiten – eine Skizze, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, H. 37/2005, 12. September 2006, S. 7-16 (http://www.bpb.de/publikationen/I7978Y,,0,Ungleichheit_Ungerechtigkeit.html) Berger, Peter A. / Hradil, Stefan (Hrsg.): Lebenslagen, Lebensläufe, Lebensstile, Göttingen 1990 [=Soziale Welt. Sonderband 7] Dann, Otto: Art. "Gleichheit", in: Otto Brunner, Werner Conze u. Reinhart Koselleck (Hrsg.): Geschichtliche Grundbegriffe. Bd. 2, Stuttgart 1979, S. 997-1046 Klinger, Cornelia / Knapp, Gudrun-Axeli / Sauer, Birgit (Hrsg.): Achsen der Ungleichheit. Zum Verhältnis von Klasse, Geschlecht und Ethnizität, Frankfurt a. M. 2007 Kreckel, Reinhard: Politische Soziologie der sozialen Ungleichheit, Frankfurt a. M. 1992 Kreckel, Reinhard (Hrsg.): Soziale Ungleichheiten, Göttingen 1983 [= Soziale Welt. Sonderband 2] Müller, Hans-Peter / Schmid, Michael (Hrsg.): Hauptwerke der Ungleichheitsforschung, Wiesbaden 2003 Schwinn, Thomas: Soziale Ungleichheit, Bielefeld 2007 |