Werk – Autor – Gattung – Epoche: das sind, wie man es dreht und wendet, noch immer die Fixpunkte, mit deren Hilfe wir im Universum der Bücher, Texte und Medien navigieren. Zwar ist die Einheit des Werks lang dahin, der Autor noch immer mehr tot als lebendig und die Epoche als Projektion der Ordnungsliebenden entlarvt. Überraschenderweise hat sich jedoch herausgestellt, dass sich mit problematischen Kategorien sogar fruchtbarer arbeiten lässt als mit scheinbar unerschütterlichen Normen. Warum ist dann aber die gattungstheoretische Diskussion in der deutschsprachigen Literaturwissenschaft in einen Dornröschenschlaf verfallen? Ausgerechnet zu einer Zeit, in der die Orientierung an Gattungs-Schemata in anderen, populären Medien selbstverständlicher denn je ist? Schließlich gehört Aristoteles‘ Poetik in Hollywood zum Handwerkszeug der Screenwriter, während (Computer-)Spiele und Comics ohne entsprechende Hilfestellung nicht vorstellbar sind. Wir nähern uns einer Antwort auf diese abstrakten Fragen auf dem Umweg über das hoch lebendige Forschungsgebiet der Gender Studies, und wollen uns auf unserem Kompaktseminar in möglichst vielen Varianten immer wieder die gleichen Fragen stellen: 1) Wie begrenzen, beeinflussen oder modifizieren Gattungsnormen und Genre-Schemata die Darstellbarkeit des (sozialen) Geschlechts und die Geschlechterbeziehungen? 2) Wie werden durch bestimmte Konzepte des (sozialen) Geschlechts und der Geschlechterbeziehungen die Gattungsnormen und Genre-Schemata modifiziert, verformt, vermischt? Es bleibt Ihnen überlassen, sich unter diesen Aspekten ein Thema auszusuchen. Sie haben – nach Rücksprache (!) – grundsätzlich freie Hand: Vom Gedicht bis zur Performance, von der Novelle bis zum Videoclip und zur Bundestagsdebatte kommen sämtliche kulturellen Artikulationsformen zur Behandlung im Seminar in Betracht, an denen Sie mit Erkenntnisgewinn ein Wechselspiel von doing gender und doing genre demonstrieren können. Qualifikation: Seminarpapier bis zum 28. Mai, Hausarbeit. Kontakt: Mit Fragen und Anregungen wenden Sie sich an christophbrecht@aol.com
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