Kommentar |
Im letzten Jahrzehnt waren die Universitäten und Hochschulen in Deutschland Schauplatz einer Vielzahl von Reformprozessen, die sowohl die Außenbeziehungen der Universitäten als auch hochschulinterne Strukturen betrafen. Diese Reformen haben das Studieren, Lehren und Forschen in Universitäten bereits verändert, und sie berühren Rechte von Lehrenden und Studierenden, etwa bzgl. der kollegialen Selbstverwaltung oder der Freiheit von Forschung und Lehre. Das Seminar befasst sich mit den Ausgangspunkten und Folgen dieses organisationalen Wandels. Wir werden zunächst Problemlagen von deutschen Universitäten in den 1990er Jahren und Besonderheiten der Governance von Universitäten behandeln. Anschließend diskutieren wir das neue Leitbild der „unternehmerischen Universität" und prüfen, wie sich einzelne Reformen - etwa die Einführung der Vertragssteuerung von Universitäten, die Einsetzung von Hochschulräten, die „Exzellenzinitiative", die Einführung konsekutiver Studiengänge oder die leistungsorientierte Mittelvergabe - in dieses Leitbild einfügen. Die Organisationssoziologie hat Universitäten u.a. als organisierte Anarchien beschrieben (Cohen/ March/Olsen 1972), und sie hat auf deren eingeschränkte Handlungsfähigkeit als Akteur (u.a. Meier 2009, Whitley 2008), auf Spannungsverhältnisse zwischen professioneller Selbstverwaltung und hierarchischer Steuerung (Schimank 2005), auf Zeit- und Ressourcenkonkurrenzen zwischen Forschung und Lehre und die Orientierung universitärer Forschung an der scientific community (Gläser/Lange 2007) hingewiesen. Vor dem Hintergrund solcher organisationalen Besonderheiten werden im verbleibenden Teil der Veranstaltung die Auswirkungen der Reformen auf die Qualität von Lehre und Forschung sowie die Beschäftigungsbedingungen an Universitäten untersucht. Die Studierenden sollen mit der Veranstaltung Wissen über das deutsche Universitäts- und Hochschulsystem erwerben und in die Lage versetzt werden, den stattfindenden Wandel organisationssoziologisch zu deuten. |