Kommentar |
Thema des Proseminars sind die sozialen Praktiken der Ein- und Ausgrenzung von Fremden in frühneuzeitlichen Städten. Fremdsein ist dabei als eine kontextbezogene Kategorie zu begreifen. Die Frage, wer, in welcher Situation, durch wen und warum als „fremd" identifiziert wurde, soll im Mittelpunkt der Betrachtungen stehen. Denn neben dem Status als Untertan eines Fürsten, konnten u.a. die Zugehörigkeit zu einer Gemeinde, Verwandtschafts-, Freundschafts- und Patronagebeziehungen, die Konfession, das Eigentum oder der Erhalt- oder Nichterhalt der Stadtbürgerrechte darüber bestimmen, ob jemand als Fremder bezeichnet und behandelt wurde oder nicht. Die Kategorie des Fremden war nicht zwingend negativ besetzt; gewisse Individuen und Gruppen instrumentalisierten vielmehr den Status als Fremde zu ihren Gunsten, wodurch unterschiedlichste Auseinandersetzungen ausgelöst wurden. Alltägliche Konflikte zwischen Individuen und Gruppen, städtischen Obrigkeiten und konkurrierenden Instanzen führten nicht nur zu einer ständigen (Re-)Definition dessen, was unter „fremd" verstanden wurde, sondern stellten in fürstenstaatlichen Kontexten auch die politische Autonomie der lokalen Gerichtsbarkeiten gegenüber der Landesherrschaft und die Durchsetzung der städtischen Normen in Frage. Deshalb werden die Interaktionen zwischen den genannten Akteuren in den Mittelpunkt des Kurses gestellt und untersucht. Das Proseminar richtet sich an Anfänger. Da die Teilnehmerzahl begrenzt ist, haben Anmeldungen von Studierenden, die die begleitende Übung (Fr. 10-12 Uhr) besuchen, Vorrang. |
Literatur |
Einführungslektüre Alois Hahn, „Die soziale Konstruktion des Fremden", in: Walter M. Sprondel (Hrsg.), Die Objektivität der Ordnungen und ihre kommunikative Konstruktion, Frankfurt am Main 1994, S. 140-163. Angelika Schaser, „Städtische Fremdenpolitik im Deutschland der Frühen Neuzeit", in: Alexander Demandt (Hrsg.), Mit Fremden leben. Eine Kulturgeschichte von der Antike bis zur Gegenwart, München 1995, S. 137-157. |