Die neuere Systemtheorie, wie sie maßgeblich von Niklas Luhmann (1927-1998) entwickelt worden ist, sieht die zentrale Funktion der Politik in der Herstellung kollektiv verbindlicher Entscheidungen. Politische Systeme, die dieser Funktion nachkommen, sollen – so der gegenwärtige weltpolitische Tenor – den Menschen Mitspracheoptionen bei der Entscheidungsfindung einräumen. Die repräsentative Demokratie hat sich, seit ihrer „Erfindung“ in den Federalist Papers (1787/88), dementsprechend zum normativen Leitbild für die Verfasstheit von Nationalstaaten entwickelt. Luhmanns Systemtheorie ermöglicht es, die kommunikativen Aushandlungs- und Ausdifferenzierungsprozesse in der repräsentativen Demokratie zu analysieren, indem sie eine Beobachtungsperspektive jenseits des Begriffs- und Geltungsspektrums der repräsentativen Demokratie eröffnet. Der zentrale Begriff, den Luhmann in Anknüpfung an Max Weber dem Funktionssystem der Politik zuschreibt, ist dabei der Begriff der Macht. Macht wiederum konkretisiert sich etwa in Form von Ämtern und Institutionen und ist auf diese Weise in der realen Welt wirksam. Das Seminar ruht inhaltlich auf zwei Säulen: In einer ersten Säule sollen grundlegende Begriffe und Perspektiven der Systemtheorie – etwa die Begriffe System, Sinn oder Autopoiesis sowie etwa die Analyseperspektiven des Konstruktivismus – eingeführt und erläutert werden. Hierauf baut die zweite Säule des Seminars auf, in der politische Praktiken der repräsentativen Demokratie analysiert werden. Fragen, die hier behandelt werden sollen, lauten etwa: - Gibt es einen Unterschied zwischen Politik und Gesellschaft? - Wieso ist die repräsentative Demokratie legitim? - Was leistet die repräsentative Demokratie? - Kann Politik in der Demokratie überhaupt noch steuern? - Wohin entwickelt sich die repräsentative Demokratie? Einen detaillierten Seminarverlaufsplan, eine Literaturliste sowie alle weiteren technischen Fragen werden in der ersten Veranstaltung ausgegeben bzw. im einzelnen besprochen. |