Kommentar |
Das Gedicht, randständig auf dem literarischen Markt und der medialen Aufmerksamkeit fast schon entfallen, steht für die, die mit Gedichten leben, im Zentrum ihrer Existenz. In Zeiten, in denen wir unser Gedächtnis im großen Stil der digitalen Technik übertragen, wächst dem Gedicht als Träger ältester wie persönlichster Überlieferung neue Bedeutung zu: Das Gedicht ist eben keine Anordnung von Informationen, es ist, in seiner Verflechtung von Sinn und Klang, ein unendlich feines sinnliches Gewebe, das wir mit uns tragen und dem wir uns zuinnerst und dauerhaft verbinden können, sofern wir ein Langzeitgedächtnis noch unser eigen nennen. Indem Gedichte an beiden großen Kulturformen teilhaben - an der mündlichen wie an der schriftlichen -, bilden sie unvergleichliche Konzentrate humanen Bewußtseins. Die Vorlesungen gehen der Frage nach, wie sich heute mit Gedichten leben läßt, am Faden des eigenen Schreibens wie in der Reflexion und in exemplarischen Lektüren.
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