Kommentar |
In der deutschen Literaturgeschichte ist die Konstruktion des ‚genialen Autors‘ ein zentraler Topos, der teilweise sogar bis heute aufgerufen wird. Ein Sonderfall dieser Konstruktion ist das ‚Universalgenie‘, das ein breites Wissen in verschiedenen wissenschaftlichen Disziplinen, eine immense Klugheit und eine außergewöhnliche Kreativität in sich vereint. Als Prototyp des ‚deutschen Universalgenies‘ wird immer wieder Johann Wolfgang von Goethe genannt. Mit dem Topos des ‚Genies Goethe‘ werden wir uns am Beispiel zweier zentraler Schriften von Goethe beschäftigen, die das Verhältnis von Biografie und Bildung ins Zentrum stellen. Dabei handelt es sich erstens um einen nachhaltig wirksamen Text des deutschsprachigen Literaturkanons, den umfangreichen Bildungsroman Wilhelm Meisters Lehrjahre (1795/96), sowie zweitens um die Biografie Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit (1811/12/14/33), die wir in Auszügen lesen werden. Bei unseren Lektüren werden wir uns – teilweise auch in Auseinandersetzung mit literaturtheoretischen Schriften – Antworten auf die folgenden grundsätzlichen Fragen erarbeiten: Welche historischen und theoretischen Voraussetzungen sind zur Konstruktion eines ‚genialen Autors‘ notwendig? Wie konstruieren literarische Texte Figuren des Erzählens und der Autorschaft? Auf welche literarischen Mittel stützen sich literarästhetische sowie ‚autobiografische‘ Diskurse bei der Darstellung einer Bildungsbiografie? |
Literatur |
Johann Wolfgang von Goethe: Dichtung und Wahrheit. Eine Auswahl. Stuttgart: Reclam, 1993. Johann Wolfgang von Goethe: Wilhelm Meisters Lehrjahre. München: dtv, 2004 (10. Aufl.).
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