Kommentar |
In der sozial- und auch kulturwissenschaftlichen Raumforschung ist es üblich, zwischen sozialen, d. h. konstruierten bzw. imaginierten Räumen und realen, d. h. physischen geografischen Räumen zu unterschieden. Mit dem ›topographical‹ bzw. ›spatial turn‹ in den Cultural Studies hat auch die Literaturwissenschaft den Blick (wieder) verstärkt auf die soziale und semantische Konstruktion von Räumen und mit diesen wiederum auf Grenzen und Grenzziehungen jeglicher Art gerichtet. Vor diesem Hintergrund versucht das Seminar eine Bestandsaufnahme zum aktuellen Stand der Raum- und Grenztheorien in der Literaturwissenschaft zu unternehmen und die in der Diskussion befindlichen Analysemodelle an konkreten Texten zu erproben. Dabei wird zunächst die Perspektive der Autorinnen und Autoren, also die einer generativen Poetik eingenommen: Aufgabe der literarischen Autoren ist es demnach, die Semantiken von etwas, das nicht Raum ist, in Semantiken des Räumlichen zu überführen. Im Ergebnis hat man es dann auch im Falle der Literatur mit konstruierten semantischen Räumen zu tun, die in der Regel auch eine soziale Dimension besitzen. |
Literatur |
Basisliteratur zum ›topographical‹ bzw. zum ›spatial turn‹:
Böhme, Hartmut: Raum - Bewegung - Topographie. In: Ders. (Hg.): Topographien der Literatur. Stuttgart, Weimar: Metzler 2005, S. IX-XXIII. Döring, Jörg: Spatial Turn. In: Stephan Günzel (Hg.) unter Mitarbeit von Franziska Kümmerling: Raum. Ein interdisziplinäres Handbuch. Stuttgart, Weimar: Metzler 2010, S- 90-99. Dünne, Jörg/Günzel, Stephan (Hg.) in Zusammenarbeit mit Hermann Doetsch und Roger Lüdeke: Raumtheorie. Grundlagentexte aus Philosophie und Kulturwissenschaften. Frankfurt a.M.: Suhrkamp 2006 (stw 1800). Frank, Michael C.: Die Literaturwissenschaften und der spatial turn: Ansätze bei Jurij Lotman und Michail Bachtin. In: Wolfgang Hallet/Birgit Neumann: Raum und Bewegung in der Literatur: Zur Einfügung. In: Dies. (Hg.): Raum und Bewegung in der Literatur. Die Literaturwissenschaften und der Spatial Turn. Bielefeld: Transcript 2009, S. 53-80. Görling, Reinhold: Raum und Gattung. Topologie des Romans. In: Hartmut Böhme: Raum - Bewegung - Topographie. In: Ders. (Hg.): Topographien der Literatur. Stuttgart, Weimar: Metzler 2005, S. 355-370. Günzel, Stephan (Hg.) unter Mitarbeit von Franziska Kümmerling: Raum. Ein interdisziplinäres Handbuch. Stuttgart, Weimar: Metzler 2010. Hallet, Wolfgang/Neumann, Birgit: Raum und Bewegung in der Literatur: Zur Einfügung. In: Dies. (Hg.): Raum und Bewegung in der Literatur. Die Literaturwissenschaften und der Spatial Turn. Bielefeld: Transcript 2009, S. 11-32. Lotman, Jurij M.: Die Struktur literarischer Texte. München: Fink 1972. Morley, David: Home Territories. Media, Mobility and Identity. London, New York: Routledge 2000. Müller, Dorit/Scholz, Sebastian (Hg.): Raum Wissen Medien. Zur raumtheoretischen Reformulierung des Medienbegriffs. Bielefeld: Transcript 2011. Sasse, Sylvia: Poetischer Raum: Chronotops und Geopoetik. In: Stephan Günzel (Hg.) unter Mitarbeit von Franziska Kümmerling: Raum. Ein interdisziplinäres Handbuch. Stuttgart, Weimar: Metzler 2010, S. 294-308. Wagner, Kirsten: Topographical Turn. In: Stephan Günzel (Hg.) unter Mitarbeit von Franziska Kümmerling: Raum. Ein interdisziplinäres Handbuch. Stuttgart, Weimar: Metzler 2010, S. 100-109.
Einen Überblick zu Theorien von Grenzen bietet:
Rolf Parr: Liminale und andere Übergänge. Theoretische Modellierungen von Grenzzonen, Normalitätsspektren, Schwellen, Übergängen und Zwischenräumen in Literatur- und Kulturwissenschaft. In: Achim Geisenhanslüke/Georg Mein (Hg.): Schriftkultur und Schwellenkunde. Bielefeld: Transcript 2008 (Literalität und Liminalität, Bd. 1), S. 11-63.
Primärliteratur, die im Seminar behandelt wird (weitere Texte werden mit den Teilnehmern im Seminar abgesprochen):
Keyserling, Eduard von: Wellen. Roman. München: dtv 1998. Fontane, Theodor: Unwiederbringlich. München: dtv 1995. Fontane, Theodor: Der Stechlin. Roman. München: dtv 1995. Raabe, Wilhelm: Altershausen. Frankfurt a.M.: Insel 1985. |