Kommentar |
Seit der Finanzkrise ist alles anders. Davor dachten viele, die Staaten der EU würden institutionell konvergieren, also allmählich zusammenwachsen – ein erwünschter, aber nicht notwendiger Prozess, den jeder Staat in seinem eigenen Tempo durchlaufen könnte. In der Krise und den nachfolgenden Konflikten wird offenbar, dass Europa als Ganzes zur Disposition steht, wenn es sich nicht tiefergehend institutionell wandeln kann. Die Zielsetzung eines solchen Wandels ist derzeit politisch heftig umstritten. Dabei übersieht die öffentliche Debatten, dass Institutionen, die als Kerninstitutionen des Nationalstaates galten, sich seit längerem und gewissermaßen klammheimlich wandeln, dass es längst zu Formen postnationaler Staatsbürgerschaft, zu Sozialpolitik jenseits des Nationalstaats, zu einer Internationalisierung der höheren Bildung, zur Transnationalisierung des Rechts und zu transnationalen Migrationsregimes gekommen ist.
Ausgehend von soziologischen Vorschlägen zur Theoretisierung von Globalisierungsprozessen (u.a. neo-institutionalistische Transnationalisierungsforschung, Kosmopolitisierung) werden wir anhand von aktuellen empirischen Studien nachvollziehen, wie sich Institutionen, die zum Kernbereich nationalstaatlicher Souveränität gehören, nicht nur in Europa, sondern weltweit verändert haben. |