SS 2013
NAME: Prof. Dr. Gabriele Genge
THEMA: Schleier/ Verschleierung als transkulturelles Medium der Kunst
VA-ART: Seminar
STUDIENGANG: Kunst Lehramt Staatsexamen (alle Module außer Fachpraxis und Fachdidaktik), MA Kunst- und Designwissenschaft "Gattungen"
TEILGEBIET: s.o.
WAHLPFLICHT LEISTUNGSNACHWEIS: JA
TEILNAHMESCHEINE: JA
TAG: Mittwoch UHRZEIT: 12.-14.00 Uhr
RAUM: R12 V02 D20
BEGINN: 17.4. 13
TEILNEHMERInnen: Hauptstudium
INHALT/ZIEL:
Vielleicht wird erst heute vielen Beteiligten bewusst, dass die Ablehnung von Kopftüchern und Minaretten nur scheinbar die Angst vor Fremdem und die Sorge vor der Bewahrung des Eigenen zum Ausdruck bringt. Nicht allein als Phänomene kultureller Differenz können die medialen Äußerungen des Schleiers aufgefasst werden, denn in ihnen kommen grundlegende Prädispo-sitionen des westlichen Moderneverständnisses zum Vorschein, die vielfältiger und weitreichender sind. Wie das Verbergen gehandhabt wird, bzw. wie die Transparenz proklamiert wird, sagt viel über kulturelle Praxis, implizite Normen und Traditionen aus. Daher soll in dem Seminar der Versuch unternommen werden, eine möglichst große Bandbreite des Phänomens in der "westlichen" und "nicht-westlichen" Geschichte zu erarbeiten.
Wenn beispielsweise KünstlerInnen wie Ayşe Erkmen, Gülsun Karamustafa, Erkan Özgen, Sharahm Enthekabi und Canan Senol sich dem öffentlichen Raum zuwenden, so operieren sie mit den aufgeklärten Implikationen des Öffentlichen, die ein gegenwärtiges Politikverständnis perpetuiert: Die Proklamation des neutralen kommunikativen Raumes, der jenseits sakraler und privater Bezüge funktioniert. Dieses Raum-Modell entstand jedoch nicht allein als Folgeerscheinung bürgerlicher Emanzipation, sondern es fand seine maßgebliche Neubestimmung in der Moderne der 1960er Jahre, die ein kulturelles Identitätsmodell im "White Cube" formulierte.
Die scheinbar unbehelligte Passage im öffentlichen Raum der Stadt, die Interaktion des Privaten mit dem Öffentlichen, die zahlreichen Verschleierungen des Sakralen werden zum Anhaltspunkt unserer Recherchen. Dabei wenden wir uns auch im Rückblick den unreflektierten und ahistorischen Imaginationen ethnischer Authentizität (u.a. Bilderverbot des Islam etc.) zu, und behandeln ebenso die christlich geprägte Vorstellungen von Verschleierung und Transparenz.
Literatur:
Assmann, Jan und Aleida. Schleier und Schwelle: Geheimnis und Öffentlichkeit. München: Fink, 1997.
Assmann, Jan und Aleida. Schleier und Schwelle: Geheimnis und Offenbarung. München: Fink, 1998.
Assmann, Jan und Aleida. Schleier und Schwelle: Geheimnis und Neugierde. München: Fink, 1999.
Ikonologie des Zwischenraums. Der Schleier als Medium und Metapher (= Bild und Text). Hg. v. Johannes Endres, Barbara Wittmann und Gerhard Wolf. München: Fink, 2005.
Bischoff, Cordula und Christina Threuter (Hg.). Um-Ordnung. Angewandte Künste und Geschlecht in der Moderne. Marburg: Jonas Verlag, 1999.
Castro Varela, Marìa do Mar und Nikita Dahwan. „Orientalismus und postkoloniale Theorie.“ Orient- und IslamBilder. Hg. Iman Attia. Münster: Unrast-Verlag, 2007. 31-44.
Eberlein, Johann Konrad. Apparitio regis - revelatio veritatis. Studien zur Darstellung des Vorhangs in der bildenden Kunst von der Spätantike bis zum Ende des Mittelalters. Wiesbaden: Reichert, 1982.
Fried, Johannes. Der Schleier der Erinnerung: Grundzüge einer historischen Memorik. München: Beck, 2004.
Göckede, Regina und Alexandra.Karentzos. Der Orient, die Fremde. Positionen zeitgenössischer Kunst und Literatur. Bielefeld: Transcript, 2006.
Islam in Sicht. Der Auftritt von Muslimen im öffentlichen Raum. Hg. Nilüfer Göle und Ludwig Amann. Bielefeld: transcript-Verl., 2004.
Harather, Karin. Haus-Kleider. Zum Phänomen der Bekleidung in der Architektur. Wien: Böhlau, 1995.
Naef, Silvia. Bilder und Bilderverbot im Islam. Vom Koran zum Karikaturenstreit (2004). München: Beck 2007.
Oster-Stierle, Patricia. Der Schleier im Text: Funktionsgeschichte eines Bildes für die neuzeitliche Erfahrung des Imaginären. München: Fink, 2002.
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