Kommentar |
Foucaultsche Diskursanalyse als qualitative Forschungsmethode in der Politikwissenschaft am Beispiel von Migrationsdiskursen in der BRD
Teilnahme- und Seminarleistung:
a) Regelmäßige (max. 1 verpasste Sitzungen ohne Attest) und aktive Teilnahme am Seminar. Sollten Sie aus privaten (Pflege von Kindern oder Angehörigen etc.) oder gesundheitlichen Gründen öfter fehlen, sprechen sie mich bitte an, damit wir gemeinsam Aufgaben finden können, durch die Sie die erforderlichen Seminarleistungen erbringen können;
b) Lektüre der Pflichttexte;
c) Abgabe eines Essays (2 Seiten) und eines Exposés;
d) Präsentation des Arbeitsstandes am Semesterende
e) Zentrale Arbeitsleistung ist eine komplette Diskursanalyse am Ende der zwei Semester
Methodische Grundlagenliteratur:
- Jäger, Margarete/ Jäger, Siegfried (2012): Kritische Diskursanalyse. Eine Einführung, Münster
- Jäger, Siegfried/ Zimmermann, Jens (Hrsg.) (2010): Lexikon Kritische Diskursanalyse. Eine Werkzeugkiste, Münster
- Keller, Reiner (2010): Diskursforschung. Eine Einführung für SozialwissenschaftlerInnen, 4., aktualisierte Auflage, Wiesbaden
Inhaltliche Einführungsliteratur:
- Bade, Klaus (2013): Kritik und Gewalt. Sarrazin-Debatte, „Islamkritik“ und Terror in der Einwanderungsgesellschaft, Schwalbach/ Ts.
- Bojadzijev, Manuela (2007): Die windige Internationale. Rassismus und Kämpfe der Migration, Münster
- Friedrich, Sebastian/ Schultes, Hannah (2013): Mediale Verbindungen – antimuslimische Effekte. Zu den gegenwärtigen Verschränkungen des Islamdiskurses, in: Journal für Psychologie, Jg. 21, 1/2013,http://www.journal-fuer-psychologie.de/index.php/jfp/article/view/262/301
- Herbert, Ulrich (2001): Geschichte der Ausländerpolitik in Deutschland. Saisonarbeiter, Zwangsarbeiter, Gastarbeiter, Flüchtlinge, München
- Hess, Sabine et al. (Hrsg.) (2009): No Integration!? Kulturwissenschaftliche Beiträge zur Integrationsdebatte in Europa, Bielefeld
- Karakayali, Serhat (2008): Gespenster der Migration. Zur Genealogie illegaler Einwanderung in der Bundesrepublik, Bielefeld
Lernziele:
- Einführung in die qualitative Politikforschung am Beispiel von Diskursanalyse
- Erlernen des methodologischen Paradigmas der Diskursanalyse sowie dessen methodischer Umsetzung im Rahmen politikwissenschaftlicher Forschung
- Erschließen der spezifischen Forschungsperspektive diskursanalytischer Forschung (Was kann ich mit Diskursanalyse machen, was nicht?)
- Erfahrungen machen mit empirischer Politikforschung und kritischer Reflexion der eigenen Forschungsergebnisse
Ankündigungstext:
„Deutschland ist kein Einwanderungsland!“ - so lautete für lange Zeit eine wirkmächtige Doktrin der bundesdeutschen Migrationspolitik. Denen als „Gastarbeiter“ markierten Menschen wurde somit nur ein Verbleib „auf Zeit“ in der BRD in Aussicht gestellt. Die medial-politische Konstruktion des „Gastarbeiters“ wurde ab den 1970ern dann von der des „Ausländers“ und später des „Asylanten“ abgelöst. Migration wurde fortan in den Medien und der Politik vor allem unter Bezug auf vermeintlich „überlastete Sozialsysteme“ und „Angst vor Überfremdung“ dargestellt. Das Wochenmagazin Spiegel visualisierte diese Deutung mit seinem Cover „Das Boot ist voll!“ und zeichnete das Bedrohungsszenario von massenweiser Armutsmigration in die BRD.
In jüngster Zeit wird Migration in der BRD in Bezug auf die Trope Innere Sicherheit, Integrationsfähigkeit und –willen von Migrierten und Post-Migranten sowie sogenannten Problembezirken diskutiert. Medial schlägt sich dies immer wieder in gesamtgesellschaftlichen Debatten nieder, wie zum Beispiel die Diskussion um den „Doppelpass“, das Kopftuch, „Parallelgesellschaften“ oder die sozialbiologistischen Thesen Thilo Sarrazins. In diesen Debatten werden zentrale Deutungs- und Sinnmuster produziert, die Migration interpretiert und bewertet als auch Bilder Migrierter (bspw. „Integrationsverweigerer“) konstruiert und veralltäglicht.
Solche Deutungs- und Sinnmuster lassen sich mittels diskursanalytischer Verfahren rekonstruieren und auf ihre Effekte in Bezug auf politische Prozesse analysieren.
Im Rahmen qualitativer Politikanalyse wird in letzter Zeit zunehmend auf diskursanalytische Verfahren zur Rekonstruktion intersubjektiv geteilter und gesellschaftlich produzierter Sinn- und Wissenssysteme zurückgegriffen. Das wachsende Interesse an diskursanalytisch fundierten Fragestellungen trifft dabei auf eine wachsende Vielfalt von diskusanalytischen Verfahren, die in ihrer methodologischen Ausrichtung und methodischen Umsetzung erheblich voneinander abweichen und so den Zugang zum Feld der Diskursforschung erschweren.
Im Seminar soll daher anhand des umfassenden, an die Arbeiten Michel Foucaults angelehnten Forschungsprogramms der Kritischen Diskursanalyse (KDA) die methodologische Grundlage erschlossen werden, welche die Analyseperspektive von Diskursanalysen ausmacht. Im Anschluss an die Rekonstruktion der methodologischen Grundlagen werden zentrale Fragestellungen in Bezug auf die erkenntnistheoretische Reichweite diskursanalytischer Verfahren erörtert. Zu klären ist dabei, welchen Blick auf Gesellschaft und Politik Diskursanalysen ermöglichen und welchen Nutzen politikwissenschaftliche Forschung daraus ziehen kann.
Im forschungspraktischen Teil werden die zentrale Begriffe (Diskurs, Äußerung/ Aussage, Kollektivsymbolik, Diskursverschränkung etc.) sowie deren konkrete Umsetzung im Rahmen empirischer Diskursanalysen erarbeitet und an ausgewähltem Forschungsmaterial geübt. Zu den praktischen Übungen soll von den TeilnehmerInnen eine empirische Diskursanalyse in Bezug auf die Medienberichterstattung, die Parlamentsdebatten und weiteren Diskursforen in Zusammenhang mit Migrationsdebatten erstellt werden. Das Erlernen von diskursanalytischen Verfahren ist neben der wissenschaftstheoretischen Fundierung in hohem Maße von praktischer Forschungsarbeit abhängig. Daher ist das Seminar als Forschungswerkstatt konzipiert. Arbeitsergebnisse aus den Übungen sowie einzelne Arbeitsschritte und -ergebnisse der Diskursanalysen sollen im Seminar präsentiert und reflektiert werden. |