Kommentar |
Die Rede wie das Drama rechnet mit einem bestimmten Gebrauch des Körpers. Dieser Gebrauch ist barocken und klassischen Texten gleichermaßen eingeschrieben - teils durch explizite Anweisungen, mehr aber noch durch die kanonisierten Techniken der Aufführungspraxis. Viele Techniken aus dem Theater ergaben sich aus den damaligen Bühnengegebenheiten. Der Einsatz von Mimik und Gestik basiert hingegen zum großen Teil auf antiken Regeln zur "Elocutio", dem Teil der Redekunst also, der darauf abzielt, die strukturierten und memorierten Inhalte überzeugend und wirkungsvoll mit Körper und Stimme darzustellen. Der aufführungspraktische Teil der Rhetorik lieferte nicht nur Regeln für Schauspieler, sondern für jeden, der sich öffentlich zu produzieren hatte, wie etwa Juristen oder Prediger. Das Vortragen von Reden und die Aufführung von Dramen gehörten daher zum Ausbildungsprogramm adliger wie bürgerlicher Bildungseinrichtungen.
Auf der Basis der überlieferten Rhetorik- und Schauspielschulen, angefangen von antiken Autoren wie Quintilian und Cicero bis hin zu "modernen" Schauspiellehren des 18. Jahrhunderts [Franciscus Lang (1727) Gilbert Austin (1806) und Johann Wolfgang von Goethe (1803)] möchte ich die grundsätzlichen klassischen Prinzipien von Körperhaltung, Gang, Gestik und Mimik vermitteln und zeigen, wie klassische Übungstexte, sowie Szenen und Monologe aus Dramen der Frühaufklärung auf diese Weise stilgerecht umgesetzt werden können.
Ziel des Kurses ist - nach barockem Vorbild - die erlernten Fähigkeiten abschließend in einem theatralischen Actus auf einer Barockbühne zu erproben und vorzuführen. Abgesehen von dem historischen Erkenntnisgewinn ermöglicht der Kurs den TeilnehmerInnen die Erfahrung, dass die Prinzipien der klassischen Schauspielkunst auch heute noch hilfreich sind, um eine klare Körpersprache und sichere Bühnenpräsenz zu entwickeln. Je nach Größe und Zusammenstellung des Workshops wird es sich bei der Präsentation um eine Abfolge von choreographierten Monologen, Dialogen oder sogar um ein kleines Dramolett handeln (z. B. ein Teil aus Anton Ulrichs "Regier-Kunst Schatten"). |
Bemerkung |
Der Kurs ist in zwei Blöcke aufgeteilt:
Im ersten Block steht die Vermittlung der grundsätzlichen Prinzipien und Techniken der klassischen Gestik und Schauspielkunst im Vordergrund.
Im zweiten Block wird dann - auf einer improvisierten Barockbühne - die gemeinsame Präsentation erarbeitet.
Der Dozent:
Nils Niemann, M.A., Jahrgang 1969, ist als Regisseur und Wissenschaftler einer der wenigen Spezialisten für historische Theaterpraxis. Studium der Musikwissenschaft und Germanistik in Hamburg. Ausbildung in historischer Schauspielkunst bei Margit Legler und Ian Caddy. Zahlreiche Inszenierungen barocker und klassischer Sujets, u.a. beim Boston Early Music Festival, beim barocken Theatersommer Sanssouci, am historischen Liebhabertheater Großkochberg (Theaterbetrieb an der Stiftung Weimarer Klassik). Publikationen zum Thema barocke Gestik. Langjähriger Dozent, u.a. an der Schwabenakademie Irsee. |