Kommentar |
# Erzähl doch keine Geschichten: Narrative linguistisch betrachtet In dieser Lehrveranstaltung sollen formale Modelle für Narrative besprochen werden und die Frage diskutiert werden, was ein Narrativ eigentlich ist. Dabei ist Narrativ von vornherein nicht mit Literarizität gleichzusetzen, und auch der Anwendungsbereich der Modelle ist keinesfalls auf literarische Texte eingeschränkt. Gelegentlich wird gar behauptet, dass Narrative ein besonders effektiver Weg seien, Informationen zu vermitteln. Formale Modelle von Narrativen wurden zunächst vom Strukturalismus entwickelt, später in der Künstlichen Intelligenz weiterentwickelt. Initialzündung ist Vladimir Propps "Morphologie des Märchens" (1928). Es handelt sich dabei üblicherweise um semantische Modelle dessen, was in einem Narrativ geschieht. "Narrativ" kann dabei wie in der Textlinguistik als eine "Vertextungsstrategie" verstanden werden (neben der deskriptiven, expressiven und explikativen Vertextungsstrategie). In der Künstlichen Intelligenz und Kognitionswissenschaft wird hingegen die Planung modelliert, die die Agenten (= Figuren) der Geschichte vornehmen. Ähnliche Modelle kommen auch in Geschichten-Generatoren und Interaktiver Fiktion zum Einsatz. Daneben gibt es das aus der Soziolinguistik stammende, an der Textfunktion ausgerichtete Modell von Labov und Waletzky (1967, erweitert von L 1997), welches sich mit (kurzen) persönlichen Texten befasst, und das Quaestio-Modell von Klein und von Stutterheim (1984), welches eine Verbindung zu Theorien der Informationsstruktur schafft. Wer an dem Seminar teilnehmen möchte, sollte keine grundsätzliche Abneigung gegen formale Methoden haben und bereit sein, neben deutsch- noch mindestens englischsprachige Texte zu lesen. |