Kommentar |
Der Feuilletonist setzt sich mit einem guten Rotwein an den Mahagonischreibtisch, im Hintergrund läuft klassische Musik, schon durchströmt ihn selige Inspiration und er haucht seinen Text in die Tastatur. Schön wär’s. Der journalistische Alltag verläuft nicht ganz so feinsinnig. Schreiben hat oft mit Muse zu tun, manchmal mit Muße - doch viel mehr mit Maloche. Gerade in der Kulturredaktion. Im Seminar werden wir uns die journalistischen Textgattungen erarbeiten, wir werden Meldungen, Nachrichten, Reportagen und vor allem Kritiken schreiben, umschreiben, nochmal schreiben, zerknüllen und wieder neu schreiben - bis alle hässlichen Füllwörter verschwunden sind, das verschwurbelte Beamtendeutsch, die peinlichen Phrasen und laffen Modewörter. Wir werkeln und schrauben und hämmern und meißeln an Texten, bis sie es wert sind, in einer seriösen Zeitung zu stehen. Einem Medium, das aus der Mode kommen wird, wenn es dem Leser nicht mehr Qualität bietet als das hektische Internet. Das Seminar endet ernsthaft anstrengend: Wir versuchen uns an lustigen Texten und ringen um Komik und persönlichen Stil in der journalistischen Königsdisziplin „Glosse“. |