Kommentar |
„Die größte aller Revolutionen hat wie ein plötzlich losbrechender Sturmwind das kaiserliche Regime mit allem, was oben und unten dazugehört, gestürzt.“ So euphorisch urteilte der liberale Publizist Theodor Wolff am 10. November 1918 über die Ereignisse der letzten Tage: Der Kieler Matrosenaufstand hatte sich binnen weniger Tage über Norddeutschland bis nach Berlin ausgebreitet; am 9. November war die Republik ausgerufen worden – sowohl unter bürgerlich-demokratischen als auch unter sozialistischen Vorzeichen; der Kaiser hatte abgedankt und war ins Exil in die Niederlande gegangen. Die euphorische Stimmung hielt jedoch nicht lange an. Bereits nach kurzer Zeit erschütterten bürgerkriegsähnliche Kämpfe zwischen politisch rechten und linken Extremisten die junge Republik. Der revolutionäre Charakter verblasste immer mehr, bis er – ausgehend vom Scheitern der Weimarer Republik – schließlich ganz in Frage gestellt wurde.
Im Seminar soll die Revolution von 1918/19 nicht nur unter dem Aspekt der verpassten Möglichkeiten untersucht werden. Vielmehr sollen die damaligen Chancen für eine politische und gesellschaftliche Neuordnung Deutschlands ausgelotet werden. Kritisch hinterfragt wird besonders das Verhalten der Mehrheitssozialdemokraten: Agierten sie eher als Konkursverwalter des alten Obrigkeitsstaates oder als Gründerväter einer Demokratie?
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Literatur |
Gallus, Alexander (Hg.), Die vergessene Revolution von 1918/19, Göttingen 2010.
Kluge, Ulrich, Die deutsche Revolution 1918/19. Staat, Politik und Gesellschaft zwischen Weltkrieg und Kapp-Putsch, Frankfurt a.M. 1997.
Kolb, Eberhard/ Schumann, Dirk, Die Weimarer Republik, 8., aktual. u. erw. Aufl., München 2012.
Ullrich, Volker, Die Revolution von 1918/19, München 2009 (= Beck Wissen 2454). |