Kommentar |
Dichtung und Naturwissenschaft sind für Goethe Experimentierfelder im Doppelsinn. Zum einen 'versucht' er beide Felder getrennt und hat entsprechend literatur- und wissenschaftsgeschichtliche Bedeutung erlangt. Zum anderen erprobt er das wechselseitige Verhältnis als produktives Schnittfeld. Das Seminar erschließt den komplexen Gegenstandsbereich daher im umfassenden Sinn. Neben Goethes Selbstverständnis als Wissenschaftler, seinen forschungsstrukturellen Reformimpulsen an der Universität Jena oder seiner ausgeprägten Sammlungsaktivität (bes. Mineralien) stehen hierbei zunächst seine großen naturwissenschaftlichen Arbeiten im Fokus (v.a. Über den Zwischenkiefer der Menschen und der Tiere, 1786, 1791/72, Versuch die Metamorphose der Pflanzen zu erklären, 1790, Farbenlehre, 1810) und deren wissenschaftshistorische Rezeption (z.B. anhand von Hermann von Helmholtz' 1853 gehaltenen Vortrag: Ueber Goethe's naturwissenschaftliche Arbeiten). Vor diesem Hintergrund wird schließlich Goethes literarische Wissenschaftsrezeption einen Schwerpunkt bilden. Wie sehen beispielsweise seine Wiederbelebungsversuche des antiken Lehrgedichts in der Metamorphose der Tiere und der Metamorphose der Pflanzen aus, welche Rolle spielt die zeitgenössische Wolkenlehre im Faust, oder wie gelingt die poetische Transposition chemischer 'Wahlverwandschaft' zum Erzählverfahren? Anhand solcher Fragen vermittelt das Seminar nicht zuletzt einen weiten Einblick in Goethes Gesamtwerk.
Interessierte haben im Anschluss an das Seminar die Möglichkeit, an einer bezuschussten Exkursion nach Weimar und Jena teilzunehmen, die vom 11. bis 14. Oktober 2015 stattfinden wird. |
Literatur |
Zur Anschaffung empfohlen:
Johann Wolfgang Goethe: Schriften zur Naturwissenschaft. Stuttgart 1999 (ISBN-13: 978-3150098660)
Grundlegend:
Otto Krätz: Goethe und die Naturwissenschaften. München 1998.
Manfred Wenzel (Hg.): Goethe-Handbuch. Supplemente. Band 2: Naturwissenschaften. Stuttgart, Weimar 2012. |