Kommentar |
Der Begriff Avantgarde stammt aus dem militärischen Bereich, wo er eine Elitetruppe zur Erkundung feindlichen Geländes bezeichnet. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts hat ihn der französische Dichter Guillaume Apollinaire zum ersten Mal auf das Gebiet der Künste übertragen. Zwar werden heutzutage die verschiedensten ästhetischen Experimente als avantgardistisch charakterisiert, aber im engeren Sinne sind mit der Rede von ‚den Avantgarden’ jene künstlerischen Bewegungen gemeint, die sich im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts in rascher Folge ablösen: Vom kriegsverherrlichendem Futurismus über den pazifistischen Nonsens-Kult des Dadaismus bis zum impulsiven Erkenntnisinteresse des Surrealismus widmet sich diese Vorlesung jenen Spielarten der historischen Avantgarden, die sich in französischer Sprache artikulieren. So unterschiedlich sie auf den ersten Blick auch wirken mögen, so halten sie doch alle an einem Grundgedanken fest, nämlich an der Überzeugung, dass es die Kluft zwischen dem Leben und der Kunst, wie sie sich im Begriff der poésie pure spiegelt, zu überwinden gilt. Die Frage, wie dieser Anspruch verwirklicht wurde und ob er sich in letzter Instanz überhaupt verwirklichen lässt, wird uns wie ein roter Faden durch das Semester hindurch begleiten. Vor allem dient diese Vorlesung jedoch dazu, einen Überblick über die wichtigsten französischen und frankophone Avantgardebewegungen und ihre Ziele zu vermitteln sowie die Kenntnis ihrer Schlüsseltexte und –techniken.
Zur Vorbereitung:
Jürgen Grimm, Susanne Hartwig (Hg.), Französische Literaturgeschichte, Stuttgart, Metzler 2014, S. 315-321 (oder das Kapitel „Avantgarden“ in einer der älteren Ausgaben).
Zur Anschaffung empfohlen:
Louis Aragon, Le paysan de Paris, Paris, Gallimard 2004 (ISBN: 2070314634)
André Breton, Nadja, Paris, Gallimard 1972 (ISBN: 9782070360734)
Weitere Texte werden in einem Reader bereitgestellt, den Sie im Copy-Shop (Reckhammerweg) käuflich erwerben können. |