Kommentar |
Das 17.Jahrhundert wird in der französischen Literaturgeschichtsschreibung auch als „le siècle des moralistes“ bezeichnet. Die moralistische Literatur hat dabei mit Moral eher wenig zu tun, sie zielt vielmehr auf eine unvoreingenommene und gerade nicht moralisierende Betrachtung des Menschen, so wie er ist und nicht wie er sein sollte. Die Moralisten entwickeln daraus in Aphorismen, Maximen und kurzen Betrachtungen ein sehr realistisches und skeptisches Menschenbild, das nicht unwesentlich von ihren persönlichen Erfahrungen in der Hof- und Salongesellschaft des Absolutismus zur Zeit des Roi-soleil Louis XIV geprägt ist.
Nach einem einleitenden Blick auf Michel de Montaigne (1533-1592), der mit seinen Essais als Ahnherr der französischen Moralistik gelten kann, stehen in diesem auf französisch gehaltenen Seminar die Maximes et Réflexions von La Rochefoucauld sowie auszugsweise die Caractères von La Bruyère im Mittelpunkt der gemeinsamen Lektüre und Interpretation, wobei zugleich ein Überblick über wesentliche Aspekte der französischen Klassik vermittelt werden soll. Die Anschaffung der beiden genannten Werke, die in den entsprechenden Taschenbuch-Ausgaben (möglichst Gallimard folio) in der Heinrich-Heine Buchhandlung am Rheinischen Platz bereit liegen, wird ebenso wie die Bereitschaft zu intensiver Textlektüre vorausgesetzt. Die Montaigne-Texte werden ebenso wie eine Auswahlbibliographie im Semesterapparat zur Verfügung gestellt. Themen für die Referate bzw. die Hausarbeiten können bereits in meinen Feriensprechstunden abgesprochen werden. Als einleitende Lektüre sei neben den Primärtexten empfohlen: Bérengère Parmentier: Le siècle des moralistes, Paris (Seuil) 2000. |