Kommentar |
Der Briefroman Cartas marruecas (Marokkanische Briefe) von José de Cadalso (1741-1782) ist zwar unverkennbar dem französischen Modell von Montesquieus Lettres persanes (Persische Briefe) verpflichtet, aber dennoch inhaltlich völlig eigenständig und höchst originell: Das Spanien des 18. Jahrhunderts samt seiner historischen Dimension wird aus der ungewöhnlichen Perspektive des durch das Land reisenden Marokkaners Gazel Ben-Aly in einer Reihe von Briefen beschrieben, die er an seinen ehemaligen Lehrer Ben-Beley in die Heimat schickt. Der Spanier Nuño Núñez wird sein Freund, der ihm vieles aus der Sicht eines kritischen Aufklärers erst verständlich macht. Aufgrund der Themenfülle und der vielen hier angesprochenen, seinerzeit aktuellen Probleme kann der Briefroman geradezu als Schlüssel zur Epoche der spanischen Aufklärung dienen. Nicht nur Goya hat viele dieser gesellschaftlichen Themen in seinen Caprichos in Bilder umgesetzt, manches Problem ist heute immer noch aktuell, und das nicht nur in Spanien.
Folgende Textausgabe sollte zügig für das Proseminar beschafft werden, damit sie zu Semesterbeginn zur Verfügung steht:
- Cadalso, José de (52005): Cartas marruecas. Noches lúgubres. Edición de Russell P. Sebold. Madrid: Cátedra (= Letras Hispánicas, 78).
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