Kommentar |
So verheißungsvoll der Seminartitel "Soziologie der Liebe" auch klingen mag, so deutlich ist auch hervorzuheben, dass mit einer soziologischen Thematisierung der Liebe notwendig eine Ernüchterung einhergeht. Schließlich geht es nicht darum herauszuarbeiten, wie Liebe Einzelne trifft und bewegt oder welche Liebesschicksale Einzelnen widerfahren, sondern es wird um die Erarbeitung der Möglichkeiten gehen, sich dem Phänomen "Liebe" soziologisch zu nähern. Das Seminar zielt mit einem theoretischen Schwerpunkt auf die Erhebung eines Forschungsstandes, der die verschiedenen soziologischen Zugänge zum Thema umfasst. Neben den Möglichkeiten sollen derart auch die Grenzen soziologischen Denkens deutlich werden. "Liebe" ist durch ihre alltägliche Allgegenwart ein ausgesprochen geeignetes Phänomen, um sich in soziologischem Denken zu üben und die erworbenen Kenntnisse zu vertiefen. Wie bei kaum einem anderen Phänomen reibt sich die Vertrautheit mit dem Gegenstand an seiner nüchtern, distanzierenden Analyse. Liebe wird nicht als subjektives Fühlen, sondern als gesellschaftliches Erzeugnis begriffen. Dies erfolgt zunächst dahingehend, dass unser gegenwärtiges Verständnis von Liebe historisch relativiert wird. Die romantische Liebe, die Intimbeziehungen in der Gegenwartsgesellschaft begründet und als Ideal das Empfinden und Handeln der Liebenden reguliert und orientiert, ist -soziologisch betrachtet - ein Phänomen der modernen Gesellschaft. Sie erscheint nicht als anthropologisches Universal, was Fragen danach aufwirft, wie Liebe vormodern gedacht werden kann. Zum anderen werden sowohl gesellschaftstheoretisch Gründe für die Entstehung dieser besonderen Form der Liebe bestimmt als auch sozialstrukturelle Faktoren der Suche und Findung von Partnern gesucht. Schließlich werden konkrete Probleme moderner Liebesbeziehungen herausgearbeitet, die etwa aus den den Anforderungen andere gesellschaftlicher Bereiche an die jeweiligen Partner resultieren – zum Beispiel im Verhältnis von Liebe und Arbeit.
Literatur für den Einstieg:
Kuchler, Barbara/Stefan Beher (Hg.) (2014): Soziologie der Liebe. Romantische Beziehungen in theoretischer Perspektive. Berlin: Suhrkamp. |