Kommentar |
In Deutschland hatte die Gattung der Tierfabel ihre Blütezeit im 18. Jahrhundert, nicht zuletzt infolge der intensiven Rezeption der französischen Fabeln von La Fontaine. Im Gegensatz zu Frankreich und Deutschland begann der Aufschwung der Tierfabel in Spanien erst seit Anfang der achtziger Jahre des 18. Jahrhunderts, also zu einer Zeit, als die Gattung in den anderen Ländern längst ihren Höhepunkt überschritten hatte. 1781 erschienen die Fábulas en verso castellano von Félix María Samaniego (1745-1801). Sie waren eine Auftragsarbeit für die Real Sociedad Vascongada de los Amigos del País, wo sie im Unterricht der Schüler Verwendung fanden, und sind weitgehend den Vorbildern La Fontaine und John Gay verpflichtet. Erst in der erweiterten Ausgabe von 1784 veröffentlichte Samaniego auch eine Reihe originaler Fabeln. 1782 erschienen die Fábulas literarias von Tomás de Iriarte (1750-1791), eine in mehrfacher Hinsicht bemerkenswerte, originelle Sammlung von insgesamt 67 Fabeln, die sich thematisch im weitesten Sinne auf Literatur, Poetik und Gelehrsamkeit beziehen und in einer Vielzahl unterschiedlicher Metren und lyrischen Formen abgefasst sind.
Die Fabeln von Samaniego und Iriarte wurden in den hispanoamerikanischen Kolonien mit Interesse gelesen und regten dort eine eigene Fabelproduktion an, die oft politische Inhalte zum Thema hatte. Der in Ecuador geborene Rafael García Goyena y Gastelú (1766-1823), der als Jugendlicher nach Guatemala umzog, schrieb solche Fabeln, ebenso Mariano Melgar Valdivieso (1790-1815) aus Peru, der für die politischen Unabhängigkeit von Spanien kämpfte.
Die hispanoamerikanischen Fabeln werden im digitalen Semesterapparat zur Verfügung gestellt. In Bezug auf die spanischen Fabeln werden die beiden folgenden Ausgaben zur Anschaffung empfohlen:
- Iriarte, Tomás de (1992): Fábulas literarias. Edición de Ángel L. Prieto de Paula. Madrid: Cátedra (= Letras Hispánicas, 347).
- Samaniego, Félix María (31987): Fábulas. Edición, introducción y notas de Ernesto Jareño. Madrid: Castalia (= clásicos castalia, 7).
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