Kommentar |
Bereits seit der Antike wird über die Möglichkeit und Wünschbarkeit einer Weltrepublik nachgedacht, die für alle Frieden und Aufnahme in einer geteilten politischen Ordnung bedeuten würde. Ebenfalls schon seit der Antike wurden Einwände gegen eine solche global umfassende politische Struktur vorgebracht, die auf Differenzen zwischen Menschen und „Kulturen“ bzw. auf deren jeweilige Abgrenzungsbedürftigkeit von anderen verweisen. Spätestens in unserem Zeitalter der Globalisierung ist die Frage nach der Weltrepublik erneut ins Zentrum philosophischer Auseinandersetzungen gerückt: Die Bedrohungen durch Gewalt und ökologische Veränderungen, aber auch die teils verheerenden Auswirkungen der ökonomischen Verhältnisse und der Intensivierung von Finanz- und Warenströmen sowie der Personenmobilität lassen die Aufteilung der Welt in souveräne Nationalstaaten als inadäquat für die bestehenden Herausforderungen erscheinen. In diesem Seminar sollen historische und gegenwärtige sowie an verschiedenen Stellen der Erde entwickelte Konzeptionen der Weltrepublik gemeinsam untersucht werden. Zunächst sollen die Ausführungen Immanuel Kants zur Weltrepublik, d.h. deren Wünschbarkeit, aber unwahrscheinliche Erreichbarkeit, in den Schriften Über den Gemeinspruch…, Zum ewigen Frieden und in der Rechtslehre rekonstruiert und diskutiert werden. Vor dem Hintergrund dieser historischen Position, die für die gegenwärtige philosophische Debatte der wichtigste Bezugspunkt ist, sollen im Anschluss die wichtigste japanische sowie die wichtigste deutsche Stimme in dieser Kontroverse ausführlich erörtert werden. Das Seminar wird sich dazu zunächst Kōjin Karatani zuwenden, der die Weltrepublik aus der Perspektive von Austauschformen, also unter Rückgriff auf Überlegungen aus der Wirtschaftswissenschaft bestimmt. Karatani wird als Vertreter der Post-Moderne, als Kantianer, aber auch als Marxist bezeichnet – und das Seminar wird überprüfen, inwiefern diese Deutungen zu seiner Konzeption der Weltrepublik und zu seiner Aufnahme des kantischen Ansatzes passen. Besprochen werden dazu Auszüge aus seinen Schriften Ursprünge der modernen japanischen Literatur, Auf der Suche nach der Weltrepublik und Transcritique. Abgeschlossen wird das Seminar mit der Auseinandersetzung mit der Konzeption einer Weltrepublik ausgehend vom Recht und einer globalen rechtlichen Verfassung, wie sie Jürgen Habermas vorgelegt hat. Auch hierfür ist der Bezug auf die kantische Philosophie wichtig, nun jedoch v.a. derjenige auf die Rechtslehre. Im Seminar wird – v,a. anhand der Schriften Die Einbeziehung des Anderen, Der gespaltene Westen, Faktizität und Geltung – geschaut werden, ob Habermas sich tatsächlich auf Kant berufen kann oder ob sein Ansatz sich nicht doch eher eigenen Überlegungen verdankt. Insgesamt wird das Seminar dabei immer wieder auf die Fragen zurückkommen, wie überzeugend die verschiedenen Positionen sind, ob sich signifikante Unterschiede durch die verschiedenen Kontexte der jeweiligen Autoren erklären und wie erfolgversprechend die Konzeptionen für den Umgang mit den globalen Problemen sind, die sich uns aktuell stellen. |
Bemerkung |
B.A. LA GyGe: M11: SE Praktische Philosophie
B.A. (ab WS 2012/13): M11: SE Praktische Philosophie
M.A. (ab WS 2012/13): M Ic, IIc, IIIc: SE Politische Philosophie |