Master „Theorie und Vergleich politischer Systeme im Wandel“
Politikverdrossenheit – exit, voice oder loyalty?
Politikverdrossenheit ist spätestens seit Anfang der 1990er Jahre ein in der Öffentlichkeit häufig diskutiertes Phänomen. Menschen, die von der Politik enttäuscht sind, reagieren mit „exit and voice“-Verhalten, d.h. sie wenden sich langfristig vom Politischen ab oder sie bringen ihren Unmut mit Protestwahlverhalten oder alternativen Möglichkeiten der Partizipation zum Ausdruck. Verfahren der direkten Demokratie und der unkonventionellen politischen Partizipation wird häufig eine positive Wirkung gegen Politikverdrossenheit zugesprochen.
Um diese Vermutung zu überprüfen, wird zunächst das „Phänomen“ Politikverdrossenheit wissenschaftlich verortet, systematisiert und differenziert. „Exit, voice und loyalty“-Verhalten wird vorgestellt und in Arbeitsgruppen differenziert erarbeitet.
Anschließend sollen Inhalte und Faktoren von Politikverdrossenheit sowie möglicher Formen politischer Partizipation mittels Leitfadeninterviews selbständig erfasst werden. Diese sind in Arbeitsgruppen zu entwerfen. Sie werden diskutiert und zu einem gemeinsamen Leitfaden zusammengeführt. Die Transkripte werden entlang selbstgewählter Forschungsfragen unter Anleitung analysiert.
Die Übung gliedert sich in folgende Abschnitte:
1) Theoretische Grundlagen und Begriffsbestimmung
2) Erarbeitung der Leitfäden
3) Analyse der Daten
4) Vorstellung der Ergebnisse
Der Workshop „Populism Worldwide“ am 16. und 17.4.2019 (Susanne Pickel, Michael Kaeding, Reinhard Heinisch und Marcel Lewandowsky) ist Teil des Forschungsseminars.
Im Forschungsseminar herrscht Anwesenheitspflicht.
Literatur:
Arzheimer, Kai 2002: Politikverdrossenheit. Bedeutung, Verwendung und empirische Relevanz eines politikwissenschaftlichen Begriffes. Wiesbaden: Springer VS.
Bürklin, Wilhelm und Markus Klein. 1998. Wahlen und Wählerverhalten. Opladen: Leske & Budrich. S. 53-64, 65-73.
Deth, J.W. van 2009: Politische Partizipation. In V. Kaina & A. Römmele (Hrsg.), Politische Soziologie. Ein Studienbuch. Wiesbaden: Springer VS, S. 141-162
Dowding, Keith et al. 2000. Exit, voice and loyalty: analytic and empirical developments. European Journal of Political Research Vol. 37 (4), S. 469-495. https://doi.org/10.1111/1475-6765.00522
Porst, Rolf, 2011: Fragebogen: Ein Arbeitsbuch, Wiesbaden: Springer VS.
Gabriel, O. W. 2004: Politische Partizipation. In J.W. van Deth (Hrsg.): Deutschland in Europa. Wiesbaden: Springer VS, S. 317-331
Goerres, Achim 2010: Das Wahlverhalten älterer Menschen. Forschungsergebnisse aus etablierten Demokratien. Zeitschrift für Parlamentsfragen, 41, 102-120
Hirschman, Albert O. 1974. Exit, Voice, and Loyalty. Responses to Decline in Firms, Organisations and states. Cambridge: Harvard University Press.
Hirschman, Albert O. 1974. Exit, voice, and loyalty: Further reflections and a survey of recent contributions. Social Science Information Vol. 13 (1), S. 7-26
Hirschman, Albert O. 1978. Exit, Voice, and the State. World Politics. S. 90-107.
Kaase, Max 1982: Partizipatorische Revolution – Ende der Parteien? In J. Raschke (Hrsg.), Bürger und Parteien. Ansichten und Analysen einer schwierigen Beziehung. Opladen: Leske & Budrich, S. 173-189
Kaase, Max & Marsh, Alan 1979: Political Action. A Theoretical Perspective. In Barnes, S.H. & Kaase, M. et al. (Hrsg.), Political Action: Mass Participation in Five Western Democracies. Beverly Hills, S. 27-56
Klein, Markus 2006: Partizipation in politischen Parteien. Eine empirische Analyse des Mobilisierungspotenzials politischer Parteien sowie der Struktur innerparteilicher Partizipation in Deutschland. Politische Vierteljahresschrift 47/1,35-61
Maier, Jürgen 2000: Politikverdrossenheit in der Bundesrepublik Deutschland. Dimensionen – Determinanten – Konsequenzen. Opladen: Leske & Budrich.
Norris, Pippa. 2011. Democratic Deficit. Cambridge: Cambridge University Press.
Norris, Pippa. 1999. Critical Democrats. Cambridge: Cambridge University Press.
Pickel, Gert 2002: Jugend und Politikverdrossenheit. Zwei politische Kulturen im Deutschland nach der Vereinigung. Opladen: Leske & Budrich.
Gert Pickel, Gert und Dieter Walz.1997. Politikverdrossenheit in Ost- und Westdeutschland: Dimensionen und Ausprägungen. Politische Vierteljahresschrift Vol. 38 (1), S. 27-49
Pickel, Susanne 2011: Das politische Handeln der Bürger – ein Blick auf die Empirie. In: Weißeno, Georg/Buchstein, Hubertus (Hrsg.): Politisch Handeln – Modelle, Möglichkeiten, Kompetenzen. Band der Schriftenreihe der Bundeszentrale für politische Bildung. Berlin: bpb.
Pickel, Susanne/Pickel, Gert 2019 (i.E.) [Skript]: Politische Kultur- und Demokratieforschung. Grundbegriffe, Theorien, Methoden. Eine Einführung. Wiesbaden: Springer VS.
Pickel, Susanne, und Gert Pickel. 2018. Empirische Politikforschung - kompakt. Einführung in die Methoden der Politikwissenschaft. München: De Gruyter/Oldenbourg.
Pickel, Susanne und Gert Pickel. 2015. Politische Kultur in der Vergleichenden Politikwissenschaft. In Handbuch Vergleichende Politikwissenschaft, Hrsg. Hans-Joachim Lauth, Marianne Kneuer, und Gert Pickel. Wiesbaden: Springer VS.
Schoen, Harald und Cornelia Weins. 2014. Der sozialpsychologische Ansatz zur Erklärung von Wahlverhalten. In Jürgen W. Falter, Harald Schoen (Hrsg.), Handbuch Wahlforschung, S. 241-329. DOI 10.1007/978-3-658-05164-8_7, 241
Stark, Toralf. 2015. Determinanten politischen Verhaltens: (un)konventionelle Partizipation und verhaltensprägende Einstellungen. Online UB Duisburg-Essen.
|