Bemerkung |
Der Begriff „Klasse“ erlebt derzeit ein bemerkenswertes Comeback, sowohl in der öffentlichen Debatte als auch in der sozialwissenschaftlichen Forschung. Nachdem in den 1980er und 1990er Jahren Klassen sowohl als analytische Kategorie als auch als gesellschaftliche Akteure für irrelevant erklärt wurden, taucht der Begriff seit einigen Jahren wieder vermehrt in der soziologischen und der politikwissenschaftlichen Forschung auf. Vor dem Hintergrund steigender sozioökonomischer Ungleichheiten und abnehmender sozialer Mobilität wird die These der „klassenlosen Gesellschaft“ immer stärker infrage gestellt. Dies wird auch angetrieben durch politikwissenschaftliche Befunde, die zeigen, dass sich soziale Ungleichheiten auch in politische übersetzen: die Wahlteilnahme wird immer ungleicher, in vielen Parlamenten finden sich kaum noch Abgeordnete ohne akademischen Abschluss, und immer mehr Menschen aus der (weißen) „Arbeiterklasse“ wenden sich radikal rechten Parteien zu. Wer aber zählt heute, in unseren postindustriellen Gegenwartsgesellschaften, zur „Arbeiterklasse“? Welche theoretischen Klassenkonzepte sind anwendbar? Und welche Relevanz hat „Klasse“ für die aktuelle Politik?
Um diesen Fragen auf den Grund zu gehen, werden wir uns im ersten Teil des Seminars mit Klassikern der Klassentheorie und gängigen, in der empirischen Forschung genutzten Klassenschemata auseinandersetzen. Ausgehend von dieser Grundlage werden wir Forschungsbefunde zur politischen Bedeutung sozialer Klassen in gegenwärtigen Gesellschaften diskutieren und aktuelle Diagnosen zur Relevanz sozialer Klassen kritisch prüfen. |