Kommentar |
Im deutschen Sprachraum werden Fabel und Fabeltheorie häufig primär mit der Epoche der Aufklärung assoziiert. Jedoch ist gerade auch die ältere deutschsprachige Literatur reich an Fabeldichtungen. Im 14. Jh. entstehen mit Ulrich Boners „Edelstein“ und Gerhards von Minden „Wolfenbütteler Äsop“ die ersten deutschsprachigen äsopischen Fabelsammlungen. Weitere äsopische Fabelsammlungen, über deren Konzept sowie über daraus ausgewählte Fabeln im Seminar diskutiert werden soll, sind Heinrich Steinhöwels lateinisch-deutscher „Esopus“ (15. Jh.) und Burkard Waldis’ „Esopus“ (16. Jh.). Neben den äsopischen Fabeln sollen die cyrillischen Fabeln („Speculum Sapientiae“ = ‚Spiegel der Weisheit‘, 14. Jh.), der formal als Fabelbuch anzusehende „Dialogus Creaturarum Moralisatus“ (= ‚Dialog der Kreaturen über moralisches Handeln‘, 14. Jh.) sowie die Rezeption der orientalischen Fabeltradition in Anton Pforrs „Buch der Beispiele der alten Weisen“ (15. Jh.) Gegenstand des Seminar sein. Neben stoff-, überlieferungs-, rezeptions- und gattungsgeschichtlichen Aspekten sowie der vergleichenden Einbeziehung von naturkundlichen Texten werden auch Fabelillustrationen und Frühformen der Fabeltheorie besprochen.
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