Kommentar |
In dieser Lehrveranstaltung lernen die Studierenden die zentralen Probleme und Theorien der Analytischen Sprachphilosophie kennen. Den Ausgangspunkt bildet dabei die Feststellung, dass wir anhand von Sprache die unterschiedlichsten Handlungen vollziehen können. So können wir anhand von Sprache wahre oder falsche Aussagen über die Welt tätigen (‚London ist die Hauptstadt von England‘), wir können unsere mentalen Einstellungen wie Überzeugungen ausdrücken, können Warnungen aussprechen (‚Achtung, ein Auto!‘), Menschen miteinander vermählen (‚Hiermit erkläre ich Sie zu Mann und Frau‘) und wir können anhand von Sprache sogar andere Menschen (und Tiere) abwerten. Eine zentrale Rolle spielt dabei die Bedeutung sprachlicher Ausdrücke. So sagt der Satz ‚London ist die Hauptstadt von England‘ im Deutschen deshalb aus, dass London die Hauptstadt von England ist, da der Satz im Deutschen eine bestimmte Bedeutung hat. Hingegen sagt die Zeichenfolge ‚Quetz que rit‘ im Deutschen nichts über die Welt aus, da die Zeichenfolge im Deutschen gar keine Bedeutung hat.
Im ersten Teil des Seminars werden wir uns deshalb mit der Frage beschäftigen, was überhaupt unter der Bedeutung sprachlicher Ausdrücke zu verstehen ist. Die beiden einflussreichsten Bedeutungstheorien gehen hier auf die Arbeiten von Gottlob Frege und Betrand Russell zurück, weshalb sie auch ‚Fregesche‘ und ‚Russellsche Bedeutungstheorien‘ genannt werden. Diese Theorien sind sich zwar dahingehend einig, dass die Bedeutung von Sätzen so genannte Propositionen sind, welche so wie Sätze Wahrheitsträger sind. Die Theorien unterscheiden sich jedoch hinsichtlich der Bedeutung der Bestandteile von Sätzen wie Eigennamen (‚London‘, ‚England‘), indexikalischen Ausdrücken (‚ich‘, ‚hier‘, ‚jetzt‘) und Prädikaten (‚ist Hauptstadt von‘) und damit auch hinsichtlich der Zusammensetzung von Propositionen. In diesem Zusammenhang werden wir mehrere Phänomene kennenlernen, für die eine adäquate Bedeutungstheorie eine Erklärung bereitstellen muss, wie das Problem der gehaltvollen Identitätsaussagen, das Problem der negativen Existenzsätze, das Problem der Glaubenszuschreibungen und das Problem der Bezugnahme.
Bedeutung alleine stellt jedoch noch keine Erklärung für die Vielfalt an Handlungen bereit, die anhand von Sprache vollzogen werden können. So kann mit dem Satz ‚Hinter dir kommt ein Auto‘ sowohl eine Aussage über die Welt getätigt werden als auch eine Warnung ausgesprochen werden. Deshalb müssen Bedeutungstheorien um so genannte pragmatische Theorien ergänzt werden, die sich mit konkreten Äußerungssituationen beschäftigen. Hier werden wir vor allem die Sprechakttheorie, welche auf John L. Austin zurückgeht, und David Lewis‘ Scorekeeping-Ansatz, welcher Konversationen mit Spielen vergleicht, kennenlernen. Abschließend wird noch ein kurzer Ausblick darauf gegeben, wie diese Arbeiten in neuerer Zeit von Sprachphilosoph:innen dazu verwendet werden, die Wirkungen von politischen Reden, Hassreden und Pornographie zu erklären. |