Kommentar |
Gruppe 1: Jakob Michael Reinhold Lenz (PD Dr. Stefan Hermes)
Während Lenz’ Œuvre von der Literaturwissenschaft lange Zeit weithin ignoriert wurden, kann davon heute keine Rede mehr sein. Allerdings gilt das Interesse noch immer vornehmlich den Dramen Der Hofmeister (1773) und Die Soldaten (1776). Im Seminar wollen wir indes den Versuch unternehmen, uns einen ersten Überblick über das facettebreiche Gesamtwerk dieses Autors zu verschaffen. Zu diesem Zweck werden wir neben den schon genannten Texten auch die weniger populären, aber nicht minder interessanten Dramen Der neue Menoza (1774) und Der Engländer (1776) untersuchen. Überdies wollen wir uns ausgewählten Gedichten, dem unvollendeten Briefroman Der Waldbruder. Ein Pendant zu Werthers Leiden (1776) und einigen expositorischen Schriften Lenz’ zuwenden. Bei unserer Auseinandersetzung mit Lenz wird es darauf ankommen, die schillernde Komplexität eines Schreibens nachzuvollziehen, das sich im Spannungsfeld von aufklärerischem Denken und tiefer Aufklärungsskepsis, von subjektivistischer Empfindsamkeit und rigoroser Gesellschaftskritik vollzieht. Insgesamt verfolgt das Seminar das Ziel, in das Werk eines wichtigen Autors und dessen historisch-politischen Kontext einzuführen; zugleich werden die bereits vorhandenen Kenntnisse im Bereich der Dramen-, Lyrik- und Erzähltextanalyse zu vertiefen und zu erweitern sein.
Bitte schaffen Sie im Vorfeld die folgende Ausgabe an: Jakob Michael Reinhold Lenz: Werke, hg. von Friedrich Voit, Stuttgart 1992ff.
Gruppe 2: Literatur und Wahnsinn (Dr. Jana Vijayakumaran)
Seit der Antike bildet der ,Wahnsinn' ein Faszinosum für die Literatur. In der Moderne gewinnen zahlreiche Gedichte, Dramen- und Prosatexte dem ,Wahnsinn' ein eigentümliches Innovationspotenzial ab. Über den ,Wahnsinn' werden die Grenzbereiche der Repräsentation und sprachlichen Darstellbarkeit ausgelotet und modernetypische Fragen der (A)Normalität, (I)Rationalität, Kreativität und Individualität verhandelt. Gerade die (nach-)romantische "Verstörungsprosa" (Kleinschmidt) trägt den ,Wahnsinn' der literarischen Figuren in die Vermittlungsebene ein; über den ,Wahnsinn' lassen sich somit die Verfahrensmuster einer literarischen Moderne erschließen und diskursgeschichtlich kontextualisieren. Gleichzeitig lassen sich über die Literaturgeschichte des ,Wahnsinns' epochengeschichtliche Umbrüche und Schlüsseltendenzen illustrieren - etwa romantische Imaginations- und ,Nachtseiten'-Phantasmen, die Willens- und Triebzentrierungen des Naturalismus, expressionistische Transgressionsimpulse oder die Kriseologie der Nachkriegszeit. Im Seminar widmen wir uns kanonisierten Wahnsinnsdarstellungen vom frühen 19. Jahrhundert bis zur Gegenwart; diskutiert werden u.a. Texte von E.T.A. Hoffmann, Georg Büchner, Vicki Baum, Stefan Zweig und Friedrich Dürrenmatt.
Der Seminarplan wird in der ersten Sitzung vorgestellt; Materialien werden zu Semesterbeginn auf Moodle bereitgestellt.
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