Kommentar |
KI und Mittelalter
Prof. Dr. Gaby Herchert
Die Hoffnung, dass künstlich erschaffene, intelligente Wesen menschliche Probleme lösen können, steht ebenso wie die Angst, dass sie den Menschen schaden oder sie gar vernichten könnten, in einer langen Tradition. Schon in der Antike finden sich Erzählungen von menschenähnlichen Automaten, denen unterschiedliche Funktionen zukommen. Im Mittelalter kursierten Erzählungen von einem Golem, der von Gelehrten mittels Buchstaben- und Zahlenmagie aus Lehm erschaffen wurde und als Diener eines Rabbis fungierte. Albertus Magnus soll eine aus Metall, Holz und Leder gefertigte Statue besessen haben, die sprechen konnte und seine Besucher empfing. Im Spätmittelalter bemühten sich Alchimisten um die Herstellung von Homunculi, die als Helfer bei magischen Praktiken eingesetzt werden sollten. Eine literarische Hochkonjunktur erfährt das Motiv in der Romantik. Androiden wurden zu keinem Zeitpunkt durchweg positiv gesehen, die Gefahr, dass sie außer Kontrolle geraten und sich gegen die Menschen wenden könnten, ist ebenfalls Gegenstand zahlreicher Geschichten. Das ambivalente Verhältnis zur modernen KI ist bestimmt durch solche kulturellen und literarischen Tradierungen, die häufig den Blick für einen angemessenen Umgang damit verstellen.
Im ersten Teil des Seminars sollen die mittelalterlichen Vorstellungen von Androiden in den Blick genommen werden. Im zweiten Teil befassen wir uns mit Formen von KI, die in der mediävistischen Forschung Anwendung finden, und gehen der Frage nach, wie sie sinnvoll genutzt werden können.
Das Seminar endet mit einer öffentlichen Tagung im Grafschafter Museum Moers, bei der Studierende ihre Recherchen zu den verhandelten Themen in kurzen Vorträgen einem breiteren Publikum vorstellen.
Das Seminar findet zunächst 14-tägig online statt, der Termin der Tagung wird zeitnah bekanntgegeben.
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