Gruppe 1: Neueste Zeit
Hertz: Proseminar: Erholung oder Gewalt? Kinderkuren in NRW nach 1945 in Archivquellen
2-Fach-Bachelor BA Lehramt HRSGe BA Lehramt HRSGe mit sonderpäd. Förderung BA Lehramt GyGe
Seit einigen Jahren erfährt das brisante Thema der „Kinderverschickung“ sowohl medial als auch politisch große Aufmerksamkeit. Jüngsten Schätzungen zufolge wurden zwischen 1945 und 1990 über 10 Millionen Kinder in Deutschland auf Kur „verschickt“ – viele von ihnen aus, aber auch nach Nordrhein-Westfalen. Seit 2019 gelangen verstärkt Berichte ehemaliger Verschickungskinder über Gewalterfahrungen an die Öffentlichkeit. Nach einer inhaltlichen Einführung in das Thema und in die Auswertung von Archivmaterial, ergänzt durch Input von Betroffenen und Archivar:innen, steht die eigenständige Auswertung von Archivquellen im Mittelpunkt: Was lässt sich darin über das ehemalige Kinderkurwesen in NRW herausfinden?
Literatur:
Hertz, Helge-Fabien: „Kinderverschickung“ 1945–1990. Forschung im Spannungsfeld von Betroffeneninitiativen, Citizen Science und medialer Berichterstattung. In: INDES. Zeitschrift für Politik und Gesellschaft 11, 03/04 (2024), Kindheit und Politik, S. 197–213. Röhl, Anja: Das Elend der Verschickungskinder. Kindererholungsheime als Orte der Gewalt. Gießen 2021. Schmuhl, Hans-Walter: Kur oder Verschickung? Die Kinderkuren der DAK zwischen Anspruch und Wirklichkeit. München/Hamburg 2023. von Miquel, Marc: Verschickungskinder in Nordrhein-Westfalen nach 1945. Organisation, quantitative Befunde und Forschungsfragen, 2021. URL: https://url.nrw/Studie_Verschickungskinder
Gruppe 2: Neueste Zeit
Hertz: Proseminar: Zwischen Fürsorge und Kontrolle: Der deutsche Sozialstaat 1871–heute
2-Fach-Bachelor BA Lehramt HRSGe BA Lehramt HRSGe mit sonderpäd. Förderung BA Lehramt GyGe
Der deutsche Sozialstaat steht seit jeher im Spannungsfeld gesellschaftlicher und politischer Debatten. Von den ersten Sozialversicherungen unter Bismarck bis zu den jüngsten Sozialreformen wurden Fragen der Prävention, Versorgung und sozialen Kontrolle immer wieder neu verhandelt. Das Seminar untersucht diese Entwicklungen insbesondere am Beispiel der Gesundheitsfürsorge. Gesundheit wurde im 19. Jahrhundert im Zuge von Industrialisierung und Urbanisierung zunehmend als wertvolle Ressource erkannt, die es zu fördern galt – kurativ wie präventiv. Dabei stand die Vorstellung eines leistungsfähigen „Volkskörpers“ im Mittelpunkt, die im 20. Jahrhundert, insbesondere im Nationalsozialismus, rassistisch überformt wurde. Das Seminar geht der Rolle des „Vorsorgestaates“ (François Ewald) nach und analysiert zentrale Reformen und historische Zäsuren von der Kaiserzeit über die Weimarer und NS-Zeit bis in die Gegenwart.
Literatur:
Schönhoven, Klaus/ Mühlhausen, Walter (Hrsg.): Der deutsche Sozialstaat im 20. Jahrhundert. Weimarer Republik, DDR und Bundesrepublik Deutschland im Vergleich. Dietz. Bonn 2012. Ewald, François: Der Vorsorgestaat. Frankfurt a.M. 1993. Thießen, Malte: Gesundheit erhalten, Gesellschaft gestalten. Konzepte und Praktiken der Vorsorge im 20. Jahrhundert. Eine Einführung. In: Zeithistorische Forschungen 10, 3 (2013), S. 354–365.
Gruppe 3: Neueste Zeit
Dieudonné: Proseminar: Die Ruhrbesetzung 1923 im Spiegel der Erinnerungskulturen – Konjunkturen, Feierlichkeiten und Jubiläen
2-Fach-Bachelor BA Lehramt HRSGe BA Lehramt HRSGe mit sonderpäd. Förderung BA Lehramt GyGe
Eine Passkontrolle der französischen Armee am Limbecker Platz, ein ganzes Industriegebiet zwischen Rhein und Ruhr durch Schlagbäume vom Rest des Landes getrennt – und all das für ganze zwei Jahre? Mit dem Abzug der letzten französisch-belgischen Kontingente im August des Jahres 1925 endete eine einschneidende historische Episode des Ruhrgebiets – die Ruhrbesetzung. Schon kurz danach feierte man im städtischen Saalbau Essen eine „Vaterländische Kundgebung“, auch im restlichen Ruhrgebiet wurden sogenannte „Befreiungsfeiern“ abgehalten. Das war erst der Anfang. Später folgten Denkmäler, Bildbände, Denkschriften und unzählige weitere Bezugnahmen. Zwischen „Schlageter-Kult“ und Revanchismus riefen die zurückliegenden Ereignisse der Ruhrbesetzung so vielfältigste Arten der zeitgenössischen Verwendung hervor. Dieses „Erinnern“ an die Ruhrbesetzung soll den Fokus der Betrachtung bilden.
Das Seminar widmet sich anlässlich des 100-jährigen Endes der Ruhrbesetzung einer vertieften Auseinandersetzung mit den Ereignissen des Jahres 1923 sowie deren langfristigen politischen, gesellschaftlichen und kulturellen Folgen. Im Zentrum stehen dabei die vielschichtigen Prozesse der Erinnerungskultur, die sich im Laufe des 20. und 21. Jahrhunderts um das historische Phänomen herum gebildet haben: Welche Perspektiven und Deutungsmuster wurden in der Erinnerung aktualisiert oder hinterfragt? Wie wurde des Ereignisses medial, politisch und wissenschaftlich gedacht? Ziel des Seminars soll es somit sein, sowohl historische Fakten als auch erinnerungskulturelle Narrative kritisch zu reflektieren und in einen größeren Zusammenhang deutscher Geschichte einzuordnen.
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