Kommentar: |
Trotz zunehmender zeitlicher Verdichtung des Studiums durch die Bologna-Reformen ist eine große Mehrheit der Studierenden parallel zur Ausbildung erwerbstätig. Sie stellen damit einen erheblichen Anteil des wachsenden Segments atypisch Beschäftigter, da sie oftmals in zeitlich befristeten und geringfügigen Beschäftigungsverhältnissen angestellt sind. In Statistiken und Untersuchungen zu den Erscheinungsformen und Dynamiken atypischer Beschäftigungsverhältnisse bleibt die Gruppe der Studierenden gleichwohl oftmals ausgeklammert. Das Lehrforschungsprojekt befasst sich mit den Wechselwirkungen von Arbeitsmarktdynamik und Erwerbstätigkeit von Studierenden. Dies umfasst zum einen die Frage nach den Ursachen auf Seiten des Arbeitsangebotes (Studierende) und der Arbeitsnachfrage, welche die hohe Erwerbsquote von Studierenden stabilisieren. Welche Rolle spielen dabei z.B. die Arbeitsmarktregulierung (z.B. Verdienstfreigrenze für studentische Minijobber) und andere institutionelle Rahmenbedingungen (z.B. BAFöG)? Und welche Folgen besitzt die hohe Erwerbsquote von Studierenden für das Beschäftigungssystem? Ersetzen Studierende Personengruppen, aus denen Unternehmen bislang den Großteil ihrer atypisch Beschäftigten rekrutierten (z.B. ‚Hausfrauen') oder vergrößern sie das Arbeitsangebot in diesem Segment? Inwieweit werden Arbeitszeitorganisation, Aufgabenzuschnitt und weitere Arbeitsabläufe und -strukturen in Betrieben auf die Beschäftigung von Studierenden hin angepasst? Und wie agieren Studierende im Falle von Konflikten oder Schwierigkeiten bei der Vereinbarkeit von Erwerbstätigkeit und Studium; inwieweit haben und nutzen sie Strukturen der betrieblichen Interessenvertretung und Mitbestimmung?
Das LFP nähert sich diesen und weiteren Fragen schwerpunktmäßig auf der Basis qualitativer Erhebungsmethoden. Im Wintersemester werden zunächst theoretische Zugänge zur Dynamik atypischer Beschäftigung erarbeitet (u.a. Segmentationstheorie;), sowie empirische Befunde zur Erwerbstätigkeit von Studierenden zusammengetragen. Auf dieser Basis sollen die Teilnehmenden in Kleingruppenarbeit eine Fragestellung entwickeln, die sich mithilfe eigener qualitativer Erhebung - insbesondere leitfadengestützte Interviews mit Studierenden, ggf. auch Betrieben - untersuchen lassen. Die Entwicklung der Leitfäden soll zu Beginn des Sommersemesters abgeschlossen sein; anschließend folgt die Durchführung der Interviews, ihre Transkription und Auswertung. Die Ergebnisse sollen in Form eines Forschungsberichts aufbereitet werden und im Seminar präsentiert werden. Das LFP wird neben methodischen Grundkenntnissen den Umgang mit der Computersoftware MaxQDA vermitteln. Vorkenntnisse im Bereich der qualitativen Methoden der empirischen Sozialforschung und der Industriesoziologie sind hilfreich.
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