Kommentar: |
Derzeit leiden 870 Mio. Menschen an Hunger, 1,22 Milliarden Menschen leben von weniger als $ 1,25 am Tag (extreme Armut) und 2,4 Milliarden Menschen von weniger als $ 2 am Tag. Zugleich wächst der Wohlstand der reichsten Staaten dieser Erde minütlich – allerdings auch sehr ungleich über die Bevölkerung verteilt: So verfügen etwa die reichsten 10% der deutschen Bevölkerung über mehr als 60% des Gesamtvermögens, wogegen die unteren 70% der Bevölkerung weniger als 10% des Vermögens besitzen. Die Existenz des Hungers und die gravierende Armut eines Drittels der Weltbevölkerung bedeuten bereits an sich, dass die betroffenen Personen kaum ein Leben in Würde führen können. Sie bedeuten aber darüber hinaus auch sehr verschiedene Möglichkeiten, die Handlungsweisen, Strukturen und Institutionen zu erhalten oder zu verändern, die wenigstens mit-verantwortlich für diese ungleichen Lebensverhältnisse sind.
In der Philosophie hat sich ausgehend von diesen Zahlen und Einsichten in den letzten 30 Jahren eine intensive Debatte über die Wünschbarkeit und Möglichkeit global gerechter Verhältnisse ergeben. In dieser Auseinandersetzung wird v.a. darüber gestritten, (1) ob und wenn ja, in welchem Maß global jeder für die Bewältigung von Hunger und Armut verantwortlich ist (bzw. ob es zulässig ist, die Unterstützung der eigenen Mitbürger den Hungernden und Armen anderer Staaten vorzuziehen), (2) ob es überhaupt universell geltende Gerechtigkeitsprinzipien gibt, an denen sich eine globale Ordnung ausrichten könnte, (3) ob gerechtere Verhältnisse durch eine Umverteilung von Gütern oder durch Mitbestimmungsmöglichkeiten in internationalen Institutionen erreicht werden und (4) wen globale Gerechtigkeitsprinzipien verpflichten: Staaten und internationale Organisationen oder auch multinationale Konzerne, Nichtregierungsorganisationen und Individuen.
In diesem Seminar werden wichtige Ansätze aus den Kontroversen über die globale Gerechtigkeit gemeinsam diskutiert. |