Doppelwahl und Thronstreit im Deutschen Reich 1198 - 1214
Gruppe 1
Der überraschende Tod des Stauferkaisers Heinrich VI. († 28. September 1197) stürzte das Reich in eine tiefe Krise. Ein Königtum des damals kaum drei Jahre alten Kaisersohnes Friedrich II. kam nicht in Frage. Vielmehr formierte sich eine Gruppe von Reichsfürsten, die sich um einen nicht-staufischen Thronkandidaten bemühte. Ihre Wahl fiel schließlich auf den Welfen Otto, der ein Sohn Heinrichs des Löwen war. Doch noch bevor Otto IV. am 9. Juni 1198 in Köln gewählt wurde, erhob die staufische Partei Philipp von Schwaben, den jüngeren Bruder Heinrichs VI., zum König. Während nun Otto bereits am 12. Juli 1198 in Aachen vom Kölner Erzbischof zum König gekrönt wurde, ließ sich Phillip erst am 8. September in Mainz die Krone auf das Haupt setzen.
Diese Konstellation brachte nun nicht unerhebliche Probleme mit sich: einerseits gab es nur wenige verbindliche Normen für die Erhebung eines Königs, andererseits gab es keine Regeln, wie man sich im Falle einer Doppelwahl zu verhalten hat. Da auch ein militärisches Aufeinandertreffen keine Lösung brachte, bemühten sich beide Parteien um weitere Verbündete. In der Folge kam es einerseits zu einem englisch-welfischen und andererseits zu einem staufisch-französischen Bündnis. Beide Seiten wurden nicht müde mit unterschiedlichen Argumenten die Rechtmäßigkeit ihrer jeweiligen Wahl zu erweisen. Während die Staufer betonten, dass Philipp von der Mehrheit der Fürsten gewählt wurde, behauptete die welfische Seite, dass unter Ottos Wählern aber Fürsten waren, auf die es bei der Wahl besonders ankommt.
In dieser Situation wurde mit Innozenz III. einer der mächtigsten Päpste auf den Stuhl Petri erhoben. Innozenz III. schaltete sich als „Schiedsrichter“ in die Doppelwahl ein und nahm für sich in Anspruch, die Kandidaten für die künftige Kaiserkrönung prüfen zu dürfen. Seine Entscheidung für Otto hat er in der Dekretale „Venerabilem“ in beeindruckender Weise begründet.
Die Doppelwahl von 1198 führte nicht nur zu Konflikten zwischen Welfen und Staufern im deutschen Reich, sie nahm durch das Eingreifen des Papstes und die Ausdehnung der Auseinandersetzung auf Frankreich und England auch europäische Dimensionen ein.
Ausgehend vom Thema werden im Seminar grundlegende Probleme und Fragen der mittelalterlichen Geschichte behandelt.
Einführende Literatur:
P. Csendes: Philipp von Schwaben – ein Staufer im Kampf um die Macht, Darmstadt 2003.
O. Engels: Die Staufer. 7., verb. und erg. Aufl. (Urban-Taschenbücher 154) Stuttgart 1998.
B. Schneidmüller: Die Welfen: Herrschaft und Erinnerung (819-1252) (Urban-Taschenbücher 465) Stuttgart 2000.
W. Stürner: Dreizehntes Jahrhundert. 1198 –1273 (= Gebhardt. Handbuch der deutschen Geschichte, Band 6) Stuttgart 2007.
Frömmigkeit im Mittelalter
Gruppe 2
Im Laufe des christlichen Mittelalters haben sich unterschiedliche Frömmigkeitspraktiken entwickelt. So belegen zahlreiche spätmittelalterliche Quellen, dass es zu einer stärker ausdifferenzierten Frömmigkeit kam. Das Bedürfnis der gläubigen Menschen nach gesteigerter Frömmigkeit zeigt sich nicht zuletzt in immer vielfältiger werdenden Erscheinungsformen. So war die Verehrung von Heiligen ein zentraler Bestandteil der mittelalterlichen Frömmigkeit. Von der Wundertätigkeit der Heiligen oder Mariens war man fest überzeugt. Doch sind Heiligenviten keineswegs nur „Frömmigkeitsliteratur“, sondern vor allem auch wichtige Quellen für die Sozial-, und Mentalitätsgeschichte des Mittelalters. Zu den verschiedenen Aspekten der Heiligenverehrung gehörten auch der Reliquienkult und das Wallfahrtswesen. Immer zahlreicher werden auch die Stiftungen für das eigene Seelenheil (Totengedenken). Entsprechend weit verbreitet waren die Vorstellungen von dem Leben nach dem Tod. Sie zeigen sich in den überlieferten Jenseitsreisen, in den Visionen von Himmel, Hölle, Fegefeuer sowie in den Mirakelgeschichten über wiederkehrende Tote.
Diese und andere Ausprägungen mittelalterlicher Frömmigkeit, die nicht selten auch die Liturgie der Kirche beeinflussten, werden im Proseminar am Beispiel ausgewählter Quellen vorgestellt und besprochen.
Einführende Literatur
Arnold Angenendt: Religiosität im MA, Darmstadt 1997.
Arnold Angenendt: Grundformen der Frömmigkeit im Mittelalter (Enzyklopädie deutscher Geschichte 68) München 2004.
Klaus Schreiner (Hrsg.): Frömmigkeit im Mittelalter. Politisch-soziale Kontexte, visuelle Praxis, körperliche Ausdrucksformen, München 2002.
Friedensbewegungen im Hochmittelalter
Gruppe 3
Im Mittelalter lag das Gewaltmonopol nicht wie heute beim Staat alleine, vielmehr gab es eine ganze Reihe von Herrschafts- und damit auch Gewaltträgern. Das Seminar beleuchtet, wie versucht wurde, ohne Verwaltungs- und Beamtenapparat und ohne ein institutionalisiertes Gewaltmonopol Friede und Recht durchzusetzen. Im Mittelpunkt der Überlegungen sollen die Versuche der Friedenssicherung durch gegenseitige eidliche Verpflichtung stehen, die mit der Ausbreitung der Gottesfriedensbewegung von Frankreich nach Deutschland sowie den Bemühungen um Landfrieden der salischen und staufischen Herrscher im 11./12. Jahrhundert eine große Rolle bei der Umsetzung von Friedensideen zukam. Außerdem sollen grundlegende Arbeitsfelder und Methoden der Mittelalterlichen Geschichte vorgestellt und eingeübt werden.
Literatur:
Buschmann, Arno/ Elmar Wadle (Hrsg.): Landfrieden. Anspruch und Wirklichkeit, Paderborn u.a. 2002.
Goetz, Hans-Werner: Proseminar Geschichte: Mittelalter, 4. Auflage, Stuttgart 2014.
Gregen, Thomas: Art. Gottesfrieden, in: HRG 2, 2. Auflg., Sp. 470-473.
„Leben in Gehorsam, ohne Eigentum und in Keuschheit“ – Die Anfänge des Franziskanerordens
Gruppe 4
Mit der Bulle Solet annuere des Jahres 1223 bestätigte Papst Honorius III. dem umbrischen Kaufmannssohn Franz von Assisi und seinem Gefolge die Gründung eines neuen Ordens. Innerhalb weniger Jahrzehnte sollte die Gemeinschaft der Minderbrüder, wie sie sich selbst nannte, zur größten geistlichen Bruderschaft des christlichen Abendlandes heranwachsen. Doch noch zu Lebzeiten des Stifters geriet der Orden zusehends in tiefe Konflikte mit seinen Ursprungsidealen – Konflikte, deren Austragung das religiöse Denken im Allgemeinen nachhaltig verändern und prägen sollte.
Welches waren diese Ideale und woher kamen sie? Wie wurden sie innerhalb und außerhalb des Ordens verstanden? Worin lag ihre religiöse, worin ihre soziale Bedeutung? Und was ist von ihnen geblieben? Diese Fragen sollen im Proseminar auf Basis eingehender Quellenlektüre erörtert und diskutiert werden. Besonderes Gewicht wird dabei auf die Einübung von Techniken zur kritischen Quellenanalyse gelegt.
Literatur:
Helmut Feld, Franziskus von Assisi und seine Bewegung, 2., überarb. Aufl., Darmstadt 2007.
Franziskus-Quellen. Die Schriften des heiligen Franziskus, Lebensbeschreibungen, Chroniken und Zeugnisse über ihn und seinen Orden, hrsg. v. Dieter Berg/Leonhard Lehmann, Kevelaer 2009. |