Die klassischen Theorien über den Staat kannten weder gesellschaftliche Megatrends wie Verstädterung, Globalisierung und Verwissenschaftlichung, noch kannten sie multikulturelle Gesellschaften, asymmetrische Kriege oder die Allgegenwart von Technologien und Medien. Auch die zunehmende Kluft zwischen den sozialen Milieus sowie die zwischen modernen Metropolen und abgehängten Regionen erzeugen politische Spannungen, die für die Politik eine historisch neue Herausforderung darstellen. Der Modernisierungsprozess wirkt sich in den verschiedenen Regionen, Institutionen und Politikfeldern sehr unterschiedlich aus. Auch die damit verbundenen Konflikte der ungleichzeitigen Entwicklung müssen letztlich von der Politik gelöst werden.
Auf diesen Strukturwandel moderner Gesellschaften haben die Staatstheorien unterschiedlich regiert. Während eher konservative Autoren einen Verfall staatlicher Autorität zugunsten der dominant werdenden Wirtschaft sehen, erkennen liberale und linke Autoren eher einen Formwandel des Staates: Partner Staat statt Vater Staat. Um auch unter den Bedingungen moderner und multikultureller Gesellschaften politische Ziele durchzusetzen, muss die Staatstheorie nicht nur Befunde über Politikversagen liefern, sondern auch nach konstruktiven Wegen suchen, wie die Regierbarkeit auch in Zukunft sichergestellt werden kann.
In der Vorlesung werden dazu einige Positionen der jüngeren Staatstheorie aus Politik- und Rechtswissenschaft vorgestellt, die jeweils unterschiedliche Antworten auf die Frage nach der Rolle des Staates in der modernen Gesellschaft geben. |