Kommentar: |
Vor mehr als zwei Jahrzehnten hat der Soziologe Ulrich Beck mit seiner These von der Expansion einer „politischen Ökonomie der Unsicherheit“, die er pointiert unter dem Begriff der „Brasilianisierung der Arbeitswelt“ fasste, einen dramatischen Strukturwandel zukünftiger Erwerbsarbeit in westeuropäischen Industrie- und Dienstleistungsgesellschaften prognostiziert. Vor dem Hintergrund von fundamentalen Veränderungen des weltwirtschaftlichen Gefüges in Richtung neuer und im bisherigen Ausmaß nicht gekannter Standartortkonkurrenzen zwischen Unternehmen gerät die bis dahin stabile sozialstaatliche Regulierung der Arbeitswelt und insbesondere die bisherige soziale Strukturierung von Arbeitsmärkten unter einem gehörigen Anpassungsdruck. Der sozialstrukturelle Wandel umfasst dabei u.a. die massive Ausweitung von unsicheren, informellen, prekären sowie atypischen Erwerbsformen, die nicht nur in niedrig- und mittelqualifizierten sondern zunehmend auch in wissensintensiven Tätigkeitsbereichen genutzt werden. Die Konsequenz für die Sozialstrukturierung der Arbeitswelt ist eine Vielfalt, Unübersichtlichkeit und Unsicherheit von Arbeits-, Biografie- und Lebensformen, die man bisher nur aus „Ländern des Südens“ bzw. der dritten Welt kannte.
Im Rahmen des Seminars wird an die These „der Brasilianisierung der Arbeitswelt“ im Sinne einer Ausgangsannahme angeknüpft und eine Bestandsaufnahme der aktuellen Situation auf dem deutschen Arbeitsmarkt vorgenommen. Zum einen wird dabei der Fokus auf (empirische und theoretische) Studien zur Expansion atypischer Beschäftigung, einer möglichen Abnahme der Beschäftigungsstabilität sowie der Ausweitung der Informalisierung sowie Prekarisierung von Arbeit und hierbei auch auf geschlechterbezogenen Analysen liegen. Zum anderen wird als arbeitsmarkttheoretische Perspektive für die Dynamik des Beschäftigungswandels ein zentraler Schwerpunkt des Seminars auf klassischen und neueren segmentationstheoretischen Konzepten sowie auf Prekarisierungs- und Vermarktlichungsansätze liegen. |