Kommentar: |
Inhalte: Rosa Luxemburg, die kurz vor dem Ersten Weltkrieg in einer Rede öffentlich zur Kriegsverweigerung aufgerufen hatte und deshalb insgesamt drei Jahre inhaftiert wurde, beschreibt in einem Brief an eine Freundin eine Szene, die sie aus dem Gefängnis heraus beobachtete: „Vor einigen Tagen kam also ein Wagen mit Säcken hereingefahren, die Last war so hoch aufgetürmt, dass die Büffel [die den Wagen zogen] nicht über die Schwelle bei der Toreinfahrt konnten. Der begleitende Soldat, ein brutaler Kerl, fing an, derart auf die Tiere mit dem dicken Ende des Peitschenstieles loszuschlagen, dass die Aufseherin ihn empört zur Rede stellte, ob er denn kein Mitleid mit den Tieren hätte! „Mit uns Menschen hat auch niemand Mitleid“, antwortete er mit bösem Lächeln und hieb noch kräftiger ein...“
Rosa Luxemburg war Mitbegründerin der Kommunistischen Partei Deutschlands und unterstützte die Novemberrevolution 1918/19, bei der erfolglos versucht wurde, eine Räterepublik zu errichten. In ihren politischen Schriften wird Natur, anders als in ihren Briefen, nicht direkt angesprochen. Aber hat sie dennoch eine Bedeutung für Luxemburgs Verständnis politischer Verhältnisse und ihrer Veränderung?
In diesem Seminar werden wir unterschiedliche Texte revolutionärer Bewegungen lesen und uns dabei insbesondere das Verhältnis zur Natur anschauen, das in diesen Texten zum Ausdruck kommt. Welche Rolle spielt der Bezug auf Natur bei der Begründung revolutionärer Praktiken und politischer Kämpfe über die Jahrhunderte hinweg bis heute? Wird, wie bei Luxemburg, eine Parallele zwischen der Misshandlung der Natur (hier des Büffels) und dem Menschen gezogen, oder muss, wie etwa Marx argumentiert, die Natur überwunden werden wie die ungerechten sozialen Verhältnisse? Und hat der Bettelorden eines Franz von Assisi irgendetwas mit Extinction Rebellion zu tun? |