Christliche Religiosität und Frömmigkeit konnte im Mittelalter in einer Vielzahl verschiedener religiöser Lebensformen zum Ausdruck gelangen. Zwischen dem 11. und 13. Jahrhundert lässt sich geradezu eine Zeit der Blüte der Vielfalt religiösen Lebens beobachten, in der neue Lebensformen und Gemeinschaften zu den tradierten und lange praktizierten Formen traten. Im Mönchtum etwa entstanden im Laufe des Hochmittelalters neue Orden, für die gerade die demonstrative Abhebung vom traditionellen benediktinischen Mönchtum zu einem identitätsstiftenden Element wurde. Diese Entfaltung religiösen Lebens war vielfach auch begleitet von Debatten um die ‚richtige‘ Form: Mönche verschiedener Orden und Weltgeistliche grenzten sich voneinander ab in der Frage, wessen Regeln und Maxime der Lebensweise dem Ideal christlicher Lebensführung am ehesten entsprachen.
Vielfach orientierten sich diese Entwürfe auch an Vorstellungen, dass man zurückkehren müsse zu einer ‚ursprünglichen‘ Form christlichen Lebens, wie sie von den Aposteln und den ersten Christen vorgelebt und in den Evangelien formuliert worden war. Solches Streben nach einer richtigen, besonders strengen oder ‚vollkommenen‘ Lebensform führte immer wieder auch dazu, dass bestimmte Gruppen den Boden des von kirchlichen Autoritäten Akzeptierten verließen und sich mit dem Vorwurf der Häresie konfrontiert sahen.
Im Proseminar soll anhand einer Reihe exemplarischer Beispiele die Vielfalt religiösen Lebens im Hochmittelalter herausgearbeitet und der religiöse Aufbruch nachvollzogen und kontextualisiert werden. Anhand von Quellenbeispielen sollen dabei auch zeitgenössische Zeugnisse ausgewertet und die Arbeit mit mittelalterlichen Quellen eingeübt werden. Überdies soll das Anfertigen einer eigenen wissenschaftlichen Hausarbeit in allen wesentlichen Aspekten erlernt werden.
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