Kommentar: |
Nach dem Zusammenbruch der autokratischen Regime ergibt sich für junge Demokratien häufig ein zentrales Problem: Wie verhalte ich mich zum Unrecht und den Menschenrechtsverletzungen in einem vorangegangenen autokratischen System? Wähle ich den Weg einer schonungslosen Aufarbeitung – mit der Gefahr die Bevölkerung zu spalten und das gerade erst entstandene System mit Konflikten zu belasten? Oder entscheide ich mich für Amnestie und Amnesie – mit der Gefahr, dass ein bestimmtes Kapitel der Vergangenheit unbewältigt bleibt und nicht aufgearbeitet wird? Und was geschieht in Staaten, in denen das Unrechtsregime von einem Kolonialstaat ausging? Typische Formen der Aufarbeitung sind Wahrheitskommissionen, Lustration, Gerichtsverfahren oder Historikerkommissionen. Dabei muss zwischen einer juristischen, einer politischen und einer wissenschaftlichen Aufarbeitung unterschieden werden. Im Seminar soll der Frage nachgegangen werden, welche Wege der Aufarbeitung des vergangenen Unrechts in denjenigen Staaten beschritten wurden, die Opfer von Völkermord wurden, und welche Konsequenzen diese Entscheidungen für den Demokratisierungsprozess und die politische Kultur in den jeweiligen Ländern besitzen. Als Beispiele werden die Völkermorde in Namibia, Kambodscha, Ruanda und Bosnien herangezogen. Das Seminar arbeitet mit Diskussionen, Gruppenarbeiten, Referaten und Dokumentationen. Zu jedem Fall wird ein:e externe Expert:in zur Diskussion eingeladen. Als Prüfungsleistung ist ein (Gruppen-)Referat zu halten und eine Hausarbeit zu schreiben (Notengebung: 20% Referat, 80% Hausarbeit).
Literatur (Auswahl):
- Hoeres, Peter. 2023. Historical Perspectives on Transitional Justice. In After Dictatorship. Instruments of Transitional Justice in Post-Authoritarian Systems. (Hg.) Peter Hoeres/Hubertus Knabe. 5-19. Berlin: De Gruyter. https://doi.org/10.1515/9783110796629-002
- König, Helmut 2008: Politik und Gedächtnis. Velbrück: Weilerwist.
- Fischer, Martina 2011: Transitional Justice and Reconciliation: Theory and Practice, in Advancing Conflict Transformation: The Berghof Handbook II eds. B. Austin, M. Fischer, H. J. Giessmann, Barbara Budrich Publishers, Opladen/Framington Hills, pp. 406-430
- Haider, Huma 2011: Factors Contributing to Transitional Justice Effectiveness, GSDRC Helpdesk Research Report, Governance and Social Development Resource Centre, Birmingham, UK
- Mihr, Anja/Pickel, Gert/Pickel, Susanne. 2018. Handbuch Transitional Justice. Wiesbaden: Springer VS.
- Straßner, Veit 2018: Vergangenheitspolitik, Transitional Justice und Versöhnung. Begriffliche und konzeptionelle Annäherungen. In: Mihr, Anja/Pickel, Gert/Pickel, Susanne. 2018. Handbuch Transitional Justice. Wiesbaden: Springer VS, S. 201-231.
|
Leistungsnachweis: |
Anforderungen für einen Leistungsnachweis:
Aufbaumodul
- Hausarbeit (15 Seiten)
- Eindeutig formulierte Forschungsfrage
- Stand der Forschung
- Theoriekonzept (Erinnern vs. Vergessen, Aufarbeitungspolitik)
- Ableitung von Arbeitshypothesen
- Detailliertes Forschungsdesign (Fallauswahl, Untersuchungszeitraum, Operationalisierung der Untersuchungskriterien etc.)
- Deskriptive Analysen
- Fazit
Wahlpflichtmodul
- Essay (10 Seiten)
- Kritische Auseinandersetzung mit Theorien
- Theorieauswahl je nach Fragestellung
Sonstige Hinweise:
- Die Pflichtlektüre/Präsentationen zum Seminar finden Sie im Moodlekurs: Zugangsschlüssel wird im Seminar am 8.4.2024 bekannt gegeben |