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Gruppe 1: Schlicht: Mythenrezeption - Odysseus
In diesem Seminar wollen wir uns anhand Homers Odyssee mit den Phänomenen der Mythenrezeption und -korrektur beschäftigen. Das aus 12200 Hexameterversen bestehende Epos erzählt in 24 Gesängen von der durch viele Irrwege verzögerten Heimfahrt des zum griechischen Heer gehörenden Trojakämpfers Odysseus. So alt wie der Mythos selbst ist die wechselvolle Geschichte der variantenreichen Interpretationen und Umdeutungen; einigen Umdichtungen wollen wir uns im Seminar genauer widmen. Die Forschungsliteratur wird in der ersten Sitzung bekanntgegeben. Folgende Texte bilden die Grundlage unseres Seminargesprächs. Ihre gründliche Lektüre wird vorausgesetzt. Vorbereitend zur ersten Sitzung lesen Sie bitte Homers Odyssee.
- Homer: Odyssee. Übersetzt von Roland Hampe. Reclam.
- Barbara Köhler: Niemands Frau. In: Schriftstellen. Ausgewählte Gedichte und andere Texte. Suhrkamp Basisbibliothek 1554.
- Christoph Ransmayr: Odysseus, Verbrecher. Schauspiel einer Heimkehr. Fischer.
- Elfriede Jelinek: Lärm. Blindes Sehen. Blinde Sehen! In: Theater heute 8/9 (2021).
Gruppe 2: PD Dr. Stefan Hermes: Das Ruhrgebiet und die 'weite Welt': Josef Redings Erzählwerk
Der 1929 in Castrop-Rauxel geborene und 2020 in Dortmund gestorbene Schriftsteller Josef Reding ist in erster Linie als Chronist der Arbeitswelt des Ruhrgebiets bekannt geworden. Allerdings hat er sich in der von ihm bevorzugten Gattung der Kurzgeschichte sowie in etlichen faktualen Texten auch intensiv mit den gesellschaftlichen Realitäten in den USA auseinandergesetzt: Dorthin war er zunächst als Kriegsgefangener gelangt; später hielt sich Reding als Student und dann auch als Dozent in verschiedenen Teilen des Landes auf. Darüber hinaus bereiste er immer wieder die damals so genannte Dritte Welt, was sein erzählerisches Werk ebenfalls nachhaltig geprägt hat.
In dem Seminar wollen wir einerseits im Modus des close reading untersuchen, mittels welcher Schreibverfahren Reding Themenkomplexe wie Armut, Ausbeutung und Rassismus aus einer christlich geprägten Perspektive heraus literarisiert hat. Andererseits wird es uns darum gehen, seine poetologischen wie auch politischen und ethischen Positionen in der zeitgenössischen Diskurslandschaft zu verorten. Vorgesehen ist zudem ein gemeinsamer Besuch des Fritz-Hüser-Instituts für Literatur und Kultur der Arbeitswelt in Dortmund, wo unter anderem Redings Nachlass ausgewertet wird.
Vorab anzuschaffen ist Redings – mit einem problematischen, von uns noch genauer zu diskutierenden Titel versehene – Kurzgeschichtensammlung Nennt mich nicht Nigger, und zwar in der Ausgabe des Essener Klartext-Verlags (WAZ-Bibliothek des Ruhrgebiets, 9,95 €). Weitere Texte werden über Moodle zur Verfügung gestellt.
Bitte beachten Sie, dass das Seminar aufgrund von Gremienverpflichtungen leider erst in der zweiten Woche der Vorlesungszeit, also am 17.04.24, beginnen kann!
Gruppe 3: Dr. Liane Schüller in Kooperation mit Prof. Dr. Michael Beißwenger: Das Gegenüber in der Kommunikation
Kommunikation ist ein zentrales Instrument für die Aushandlung von Kultur, für den Aufbau und die Pflege von zwischenmenschlichen Beziehungen und des gesellschaftlichen Miteinanders. Um Einstellungen, Wünsche und Emotionen zu teilen und sich über die sie betreffende Welt zu verständigen, bleiben Kommunikation und Sprache jedoch immer artifizielle Werkzeuge der interpersonalen Vermittlung von Individualität und Innerlichkeit. Da das Gegenüber immer nur aus einer Außensicht zugänglich und deutbar ist, liegt eine zentrale Anforderung für gelingende Kommunikation darin, eine Vorstellung vom Gegenüber, von der/dem Anderen zu entwickeln und die Gestaltung des eigenen sprachlichen Handelns in Kommunikation an dessen antizipierten Wünschen, Interessen, Zielen und Wertesystemen auszurichten. Die Befähigung zur sozialen Perspektivenübernahme und zur Empathie, die Bereitschaft zur Berücksichtigung der Bedürfnisse des Gegenübers und der respektvolle Umgang mit dessen mündlichen, schriftlichen und nonverbalen Äußerungen sind damit eine wichtige Basiskompetenz für jedwede Form der Kommunikation.
Im Seminar soll es um die kommunikative Herstellung von Verständnis und Verstehen gehen. Diese wird in ihrer Funktionsweise zunächst am Beispiel der (mündlichen und schriftlichen) Alltagskommunikation und in Bezug auf das sprachliche Handeln mit Texten betrachtet. Davon ausgehend beschäftigen wir uns mit fiktionaler Kommunikation als Teil von literarischen Texten, Filmen und anderen Medien. Dabei wird der Blick u.a. darauf gerichtet, wie partnerorientiertes kommunikatives Handeln in ausgewählten Werken – inhaltlich und formal, thematisch und motivisch – dargestellt wird und dabei auch die Differenzerfahrung zwischen Selbst- und Fremdbild abbildet. Der Fokus liegt auf Individualbeziehungen, also auf dem Verhalten und dem Verhältnis zwischen Personen in der Alltagskommunikation bzw. fiktiven Figuren in der Literatur und anderen medialen Formaten. Diese finden einerseits in bestimmten Kommunikationsstilen und Sprachwahlen einen Ausdruck, z. B. zwischen Freunden und Liebenden, zwischen Unbekannten und Ent-Fremdeten, als auch in Formen asymmetrischer und gestörter Kommunikation, und lassen sich in Bezug auf unterschiedliche Beziehungskonstellationen und weitere Faktoren interpersonaler Kommunikation beleuchten.
Hinweis zur Anrechenbarkeit:
- Das Seminar findet fächervernetzend statt und kann entweder für den Teilbereich Literaturwissenschaft oder für den Teilbereich Linguistik angerechnet werden. Die Anrechenbarkeit ergibt sich mit der Seminarzulassung. Wenn Sie das Seminar für den Bereich Literaturwissenschaft anrechnen lassen möchten, bewerben Sie sich bitte um einen Seminarplatz im Seminar von Dr. Liane Schüller. Wenn Sie das Seminar für den Bereich Linguistik anrechnen lassen möchten, bewerben Sie sich bitte um einen Seminarplatz im gleichnamigen Seminar von Prof. Dr. Michael Beißwenger, das im Vorlesungsverzeichnis im Bereich Linguistik eingeordnet ist.
- Studierende, die das gleichnamige Seminar im Wintersemester 2023/24 besucht und mit einer Studienleistung abgeschlossen haben, können das Seminar nicht ein zweites Mal anrechnen lassen – auch nicht für den Bereich (Linguistik oder Literaturwissenschaft), in dem sie im Wintersemester keine Studienleistung erworben haben. Bitte nutzen Sie andere Seminarangebote im jeweiligen Teilfach.
Seminarrelevante Literatur sowie Bedingungen für den Erwerb einer Studienleistung und die Anfertigung einer Hausarbeit (= Modulprüfung) werden in der ersten Sitzung bekannt gegeben.
Gruppe 4: PD Dr. Lily Tonger-Erk: Krieg und Frieden. Literatur zum Ersten Weltkrieg
Der erste Weltkrieg gilt für Europa als „Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts“: Die technische ‚Modernisierung‘ und Totalisierung des Kriegs führt zu einem beispiellosen Massentöten. Die Literatur vor, im und nach dem Ersten Weltkrieg dokumentiert, reflektiert, idealisiert oder kritisiert den Krieg, ist Medium der Aushandlung von Fronterfahrungen und von Deutungsmöglichkeiten. Im Seminar lesen wir Texte, die sich der allgemeinen Kriegsbegeisterung zu Beginn des Krieges nicht anschließen, sondern im Gegenteil die Unmenschlichkeit, Grausamkeit und Absurdität immer neuer Tötungsarten thematisieren. Im Mittelpunkt des Seminars wird die Frage stehen, mit welchen ästhetischen Verfahren die Texte (und ihre aktuellen Adaptionen als Graphic Novel oder Spielfilm) sich positionieren, gegen Techniken des Tötens agitieren oder gar Frieden propagieren.
Bertha von Suttner: Die Waffen nieder!, 1889
Karl Kraus: Die letzten Tage der Menschheit, 1919 (Bühnenfassung des Autors, Suhrkamp Taschenbuch)
Dazu: Reinhard Pietsch: Die letzten Tage der Menschheit. Eine Graphic Novel nach Karl Kraus, 2014
Erich Maria Remarque: Im Westen nichts Neues, 1928
Dazu: Im Westen nichts Neues (Film), Regie: Edward Berger, 2022
Vorbereitende Lektüre
Bitte lesen Sie Bertha von Suttners Die Waffen nieder! (in einer beliebigen Ausgabe) vor Semesterbeginn. |