Simulationsstudien stellen eine besondere Form sozialwissenschaftlicher Methoden dar. In den letzten Jahren konnten aufgrund gestiegener Rechenleistung die Potentiale dieser Methoden immer besser umgesetzt werden, wodurch sie wiederum immer stärker und häufiger als geeignete Tools zur Untersuchung diverser soziologischer Fragestellungen wahrgenommen werden.
Im Vordergrund der Veranstaltung steht das Verfahren der sog. Mikrosimulation. Es kann die Möglichkeiten zur Modellierung und Fortschreibung dynamischer und auf verschiedenen Ebenen (insbesondere auf Individualebene) stattfindender gesellschaftlicher Prozesse deutlich verbessern. Dies gilt im Vergleich zu den in den Sozialwissenschaften etablierten Verfahren, die auf stark vereinfachenden Annahmen fußen und nicht auf langfristige Projektionen von aufeinander aufbauenden Prozessen ausgerichtet sind (z. B. lineare Regression).
Zur Realisierung von Fortschreibungen im Rahmen einer Mikrosimulation werden sog. Übergangsparameter benötigt, welche typischerweise das Resultat der statistischen Modellierung empirischer Daten darstellen. Insofern wird ein Bezug zu den bereits im Studium erlernten statistischen Modellen (insb. Regressionsmodelle und spezieller Modelle für Längsschnittdaten) hergestellt. Zentrale Anwendungsbereiche für das Seminar werden die Bevölkerungsentwicklung im Kontext des demographischen Wandels sowie sozialstrukturelle Entwicklungen (Bildung, Beruf) sein.
Die Software der Wahl zur Umsetzung der praktischen Beispiele ist Stata (Zugang für Studierende ist vorhanden). Das Einüben von Techniken, die zur Umsetzung von Mikrosimulationen in Stata notwendig sind (z. B. das Arbeiten mit Schleifen) ist Bestandteil des Seminars. Daher werden keine Programmierkenntnisse jenseits der Anforderungen in den Seminaren aus der Frühphase des Master-Studiums (typische Datenaufbereitungs- und -analyseschritte im Umgang mit Survey-Daten) vorausgesetzt.
Des Weiteren wird voraussichtlich in 1-2 Sitzungen in Zusammenarbeit mit Daniel Schubert von der Ruhr-Universität Bochum ein Exkurs zum Verfahren der agentenbasierten Modellierung vorgenommen. Es handelt sich um eine Methode, die ebenfalls zu den Simulationsverfahren im sozialwissenschaftlichen Kontext gezählt werden kann. Es gibt gewisse Parallelen zur Mikrosimulation, aber auch Eigenschaften, anhand derer sich diese beiden Methoden voneinander abgrenzen lassen, was wiederum hilft, die wissenschaftstheoretische Einordnung von Simulationsverfahren im Allgemeinen zu präzisieren.
Englischer Titel: Modeling of social processes via (micro-)simulations |