Kommentar |
Kommentar
Es scheint, dass soziologische Theorie und empirische Forschung voneinander geschieden sind: universitäre Lehrstühle sind getrennt nach Theorie und Empirie beziehungsweise Methoden; es gibt jeweils spezialisierte Zeitschriften. Im Extremfall gibt es sogar empirischen Studien, die ohne theoretische Bezüge auskommen, und Theorien, bei denen unklar, wie und ob überhaupt man sie in eine empirische Untersuchung überführen kann. Dabei sollten soziologische Theorie und empirische Forschung auf verschiedene Weise miteinander verbunden sein: Theorien sind zum einen systematische Verallgemeinerungen und Abstrahierungen empirischer Zusammenhänge. In diesem Sinne sollte die empirische Forschung auf die Theoriebildung abzielen. Zum anderen sind Theorien selbst der Ausgang für die empirische Forschung, z.B. in der Form der Hypothesenbildung. Die empirische Forschung sollte der Empirie dann mit einem spezifischen Interesse, mit Fragestellungen und Vorannahmen begegnen. Darüber hinaus gilt, dass jede empirische Forschung, explizit oder implizit, immer eine theoretische Orientierung aufweisen sollte.
Ausgangspunkt des Seminars ist diese Differenz von Anspruch und Wirklichkeit des Verhältnisses von soziologischer Theorie und empirischer Forschung. Die Differenz wird im Seminar von zwei Richtungen in Angriff genommen: Zuerst wird gefragt, wie die Beziehung von Theorie zu Empirie ist. Thematisiert werden vor allem die Herausforderungen und Hindernisse, die eine Übersetzung von theoretischen Arbeiten in empirische Untersuchungen mit sich bringt. Anschließend wird gefragt, wie man von empirischer Forschung zu theoretischen Aussagen gelangt. Diskutiert werden hier naturgemäß eher Ansätze der qualitativen Sozialforschung, da sie explizit mit dem Anspruch der Theoriebildung auftritt. Daneben werden Latours ANT und das (wiederentdeckte) Theorizing besprochen.
Anforderungen
Das Seminar ist ein Lektürekurs. Eine exakte und vertiefte Lektüre der angegebenen Texte ist daher unverzichtbar. Die Texte des Seminars sind anspruchsvoll und verfügen in der Regel über einen hohen Abstraktionsgrad, sie sind nicht nebenbei zu lesen. Sie erfordern Aufmerksamkeit und Konzentration, denn nur so kann eine kritische Lektüre gelingen.
Die Anforderungen des Seminars sind im Einzelnen:
- Bereitschaft, sich mithilfe der im Seminarplan angegebenen Lektüre intensiv auf die einzelnen Sitzungen vorzubereiten – eine genaue Lektüre der Texte ist für das Seminar unverzichtbar!
- Diskussionsbereitschaft auf Basis der Texte
- Regelmäßige und aktive Teilnahme an den Seminarsitzungen
- Übernahme von Expertenrollen zur Erbringung der Studienleistung
Planen Sie ungefähr drei Zeitstunden für die Vorbereitung einer Sitzung ein. Die Vorbereitungszeit erhöht sich bei der Übernahme einer Expertenrolle. Eine Anwesenheitsliste wird nicht geführt. |