Inhalte:
Nachhaltige Stadtentwicklung ist normativ. Sie stellt gewohnte Entwicklungsprinzipien wie die autogerechte und wirtschaftszentrierte Stadt in Frage. Zugleich rücken Attribute wie enkeltauglich, resilient, menschenzentriert und zukunftsorientiert in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit. Führende Landschaftsarchitekten fordern, auf der Suche nach Lösungen nicht den „Medizinkasten des Mittelalters“ heranzuziehen (Andreas Kipar), sondern im Jahrzehnt der Nachhaltigkeit neue Maßstäbe und Standards zu setzen und den Mensch zum Maß für Entwicklungen zu machen (Jan Gehl).
Wie aber können neue Maßstäbe und Standards gesetzt werden? Angesichts einer diversifizierten Gesellschaft keine leichte Aufgabe. Wer entscheidet über den “richtigen” Weg? Was prägt gesellschaftliche Meinungen und politische Entscheidungen? Welche Rolle spielen dabei (lokale) Medien? Und welchen Beitrag kann (transformative) Wissenschaft leisten?
Im Seminar beschäftigen wir uns mit der Frage, wie gesellschaftliche Meinungsbildung und politische Entscheidungen entstehen und welche Rolle Wissenschaft in diesem Kontext spielen kann. Wir betrachten die theoretischen Grundprinzipien Politischer Urteilskraft (Hannah Arendt) und alternativer Konzepte der Entscheidungsfindung und erarbeiten ihre Bedeutung für die Praxis. Dabei werden unterschiedliche Strömungen im aktuellen Diskurs um eine nachhaltige Stadtentwicklung aus unterschiedlichen Perspektiven (insb. Städtebau, Sozialwissenschaften, angewandte Philosophie und Umweltpsychologie) und vermeintlich gleiche Narrative herausgearbeitet.
Die Studierenden konzipieren und organisieren in Kleingruppen jeweils eine Veranstaltung eines transdisziplinären Kolloqiums mit Expert:innen aus Medien, Politik, Verwaltung, Wirtschaft und Zivilgesellschaft.
Für die Ansprache der Expert:innen steht das breite Netzwerk der Dozent:in zur Verfügung. Alternativ können Studierende auch selbst Expert:innen ihrer Wahl für das Kolloquium akquirieren .
In den Gesprächen analysieren die Studierenden mit den Expert:innen aktuelle Problemstellungen in unterschiedlichen Handlungsfeldern transformativer Stadtentwicklung und entwickeln diskursiv konkrete Lösungsansätze.
Im Sinne der transformativen Lehre erhalten die Studierenden durch die selbständige Vorbereitung, Durchführung und Reflexion der Expert:innengespräche die Möglichkeit, theoretische Überlegungen anhand praktischer Problemstellungen zu analysieren und weiterzuentwickeln. Dabei werden ihnen unterschiedliche Formate zur Gestaltung der Gespräche vorgestellt. Zudem vergleichen und reflektieren sie den Beitrag ihrer fachlichen Disziplin für Meinungsbildungs- und Entscheidungsprozesse in der transformativen Stadt. In einem Lerntagebuch werden die Ergebnisse zusammengefasst und reflektiert. Die selbst organisierten Gespräche mit den Expert:innen während des Kolloquiums ist eine verpflichtende unbenotete Vorleistung für das persönliche Lerntagebuch.
Das Seminar findet in Präsenz am Campus Essen und im Quartier statt und beinhaltet Phasen der eigenständigen Arbeit allein und in Kleingruppen.
Das Seminar wird von Martina Nies durchgeführt. Sie verknüpft ihre praktischen Expertisen zum Engagement für Nachhaltigkeit im urbanen Raum mit ihren fachlichen Perspektiven der Geografie und Umweltpsychologie. Zudem bringt sie ein breites Netzwerk an Expert:innen ein.
Die Studierenden profitieren so von einem Kurs, der durch inter- und transdisziplinares Arbeiten einen umfassenden und praktischen Einblick in das hochaktuelle Thema der politischen Urteilsbildung gibt.
Lernziele:
Die Studierenden können Meinungsbildungs- und Entscheidungsfindungsprozzesse erkennen und analysieren. Sie kennen Herangehensweisen, um mit diesen konzeptionell und im Sinne einer nachhaltigen, transformativen Stadtentwicklung umzugehen.
Die Studierenden sind in der Lage, transdisziplinär zu arbeiten und unterschiedliche disziplinäre Herangehensweisen und Pespektiven mit der eigenen Disziplin zu verknüpfen.
Sie können Narrative einer zukunftsfähigen nachhaltigen Stadtentwicklung aus Gesellschaft, Politik und Wirtschaft erkennen und kritisch reflektieren.
Weiterhin haben die Studierenden interpersonelle, strategische sowie normative Kompetenzen gestärkt. Dabei erlangten bzw. festigten sie zugleich berufsrelevante Fähigkeiten im Bereich Projektmanagement, Problemlösungskompetenz, Zeitmanagement und Kommunikation. |