Bereits in den Debatten um das frühe Kino wird von der „Schaulust“ gesprochen, und Walter Serner formuliert in seinem berühmten Artikel „Kino und Schaulust“ 1913 eine Argumentationsfigur, die in grundlegende Überlegungen zur Filmtheorie führen sollte. Schon zu dieser Zeit wird deutlich, dass die spezifischen Qualitäten des Kinos eine neue Sehkultur eröffnen, die ästhetische, narrative sowie soziale Strukturen durch die gesamte Moderne hindurch beeinflussen würde.
„Schaulust“ ist ebenso ein Begriff zwischen filmtheoretischen Grundlagenbestimmungen und einem Ansatz zur Rezeptionsforschung, da mit Hilfe dessen das Geflecht aus medialer Wirkung, narrativer Struktur und der Situation im Kinosaal genauer betrachtet und differenziert werden kann.
Darüber hinaus ist die Idee, die hinter dem Schaulust-Begriff steckt, nicht nur weiterhin eine Basis um über mediale Grundeigenschaften des Films nachzudenken sondern auch ein Ansatzpunkt für eine Filmdidaktik, die nicht auf der Plotebene sondern auf der medienspezifischen Darstellungsebene ansetzt.
Anhand ausgesuchter Texte aus der Filmtheorie und der Analyse von Filmbeispielen aus mehreren Epochen der Kinogeschichte soll der Wandel der Schaulust im Kino herausgearbeitet werden, um zu erkennen, wie sich Grundlagen des Kino entwickeln, verschieben oder in Kreisläufen wiederkehrend verhalten. |