Kommentar |
Der Epochenbegriff zählt seit jeher zu den problematischeren Größen in der Literaturwissenschaft.
Die Schwierigkeiten, die er bereitet, spannen sich bereits an der Frage auf, welcher ontologische Status ihm zukomme, ob es sich bei Epochen um abstrakte singuläre Termini, um klassifikatorische Ausdrücke oder – in funktionaler Sicht – um eine Art von Eigennamen handle. Neben diesen zweifellos wichtigen Fragen, die in den ersten Sitzungen einen Schwerpunkt bilden sollen, wird uns in diesem Seminar indes vor allem interessieren, welche Auffassung Literaturepochen über sich selbst artikulieren: Mit welchen programmatischen Zielen tritt im 18. Jahrhundert die Aufklärung als philosophische Literatur und literarische Philosophie an, wie konnte das Kunstideal der Goethezeit bis in die Gegenwart zur monolithischen Chiffre 'Klassik' avancieren, warum artikuliert die romantische Literatur so Weniges, was mit der heutigen Gemeinauffassung von 'romantisch' zu tun hätte, und was ist das Poetische am Poetischen Realismus? Diesen Fragen werden wir uns anhand von close reading-Lektüren historischer Texte von Johann Christoph Gottsched bis Theodor Fontane annähern und anhand motiv-, diskurs- und ideengeschichtlicher Tableaus zu erschließen versuchen. |