Kommentar |
Öffentliche Haushaltspläne legen fest, für welche staatlichen Projekte und Leistungen öffentliche Gelder verwendet werden - und für welche nicht. In ihnen spiegelt sich in konkreten Zahlen die ausgabenpolitische Prioritätensetzung von Gesellschaften wieder. Öffentliche Haushaltspläne werden heute nicht mehr von der Exekutive erlassen, wie es in der Vergangenheit jahrhundertelang der Fall war, sondern müssen von der Legislative, also dem Parlament, beschlossen werden. Ein parlamentarisches Privileg, um das heftig gestritten wurde und für das Demokraten lange kämpften. Nicht zuletzt deshalb gelten die parlamentarischen Entscheidungen über die öffentliche Haushaltsführung als das Königsrecht eines jeden Parlaments. Schließlich spiegelt sich hier die exklusive Möglichkeit der Parlamentarier wider, durch das gezielte (Um-)Verteilen von Finanzmitteln politische Schwerpunkte zu setzen. Denn wie überall geht es auch in der Politik letztlich immer um eines: Das Geld.
Haushaltspolitik findet in modernen Demokratien nicht im luftleeren Raum statt, sondern muss im Rahmen eines engen rechtlichen und ökonomischen Korsetts gestaltet werden. So sind während des formellen Verfahrens der Haushaltsaufstellung unterschiedliche Akteure zu beteiligen - vom Kabinett, über den Haushaltsausschuss und das Plenum des Deutschen Bundestages, bis hin zum Bundesrat. Darüber hinaus sind verfassungsrechtliche Vorgaben wie etwa die grundgesetzliche Schuldenbremse zu beachten. Es gilt die Bundeshaushaltsordnung einzuhalten und Zahlungen für bestehende Leistungsgesetze zu garantieren, die Rechtsansprüche auf staatliche Auszahlungen normieren. Gleichzeitig heißt es bestehenden Zins- und Tilgungsverpflichtungen aus der Vergangenheit nachzukommen, dem Wirtschaftlichkeitsprinzip gerecht zu werden, europarechtliche Vorgaben wie etwa die sogenannten Maastricht-Kriterien einzuhalten und bei alledem dafür zu sorgen, dass die Gesamtausgaben im Einklang mit den zu erwartenden Einnahmen stehen. Haushaltspolitik ist damit eine äußerst komplexe Querschnittsaufgabe, die Berührungspunkte zu allen Regierungsressorts und politischen Fachgebieten hat. Gerade das macht sie so kompliziert und spannend.
Diesem kniffligen Themengebiet wird sich das Seminar in interaktiv-anschaulicher Weise nähern. Angefangen bei einem ersten Block zu den allgemeinen Grundlagen der Haushaltspolitik. Hier geht es insbesondere um die historische Entwicklung des Haushaltsrechtes, seine verfassungsmäßige Verankerung im Grundgesetz sowie die allgemeinen ökonomischen Rahmenbedingungen, die es bei der Aufstellung eines jeden Haushaltsplanes zu berücksichtigen gilt. Daran anknüpfend geht es im zweiten Block um das formelle Aufstellungsverfahren für den Bundeshaushaltsplan. Neben dem idealtypischen Ablauf des Planverfahrens werden dabei die beteiligten Akteure sowie die Finanzbeziehungen zwischen Bund, Ländern, Kommunen und der Europäischen Union näher beleuchtet. In Block drei richtet sich der Blick dann auf ganzheitliche Ansätze der Haushaltsführung. Beispiele hierfür sind etwa die Schuldenbremse, Konzepte zur wirkungsorientierten Haushaltsführung, zum Gender-Budgeting oder zu rechtlich normierten Tilgungspflichten. Durch Ansätze wie diese soll die prinzipiengeleitete Globalsteuerung des Bundeshaushaltes vereinfacht werden. Das jedoch geht immer zu Lasten der politischen Gestaltungsfreiheit. Im vierten Block wird es abschließend um die europapolitischen Verflechtungen der Haushaltspolitik gehen. Beleuchtet werden dabei insbesondere die im Rahmen der europäischen Staatsschuldenkrise geschaffenen Stabilisierungsmechanismen, deren Funktionsweise, Ausgestaltung und historische Genese. |
Literatur |
Der Großteil der Pflicht- und Ergänzungsliteratur wird für die Teilnehmer über Moodle online zur Verfügung gestellt. Die sorgfältige Lektüre im Vorfeld der Blocksitzungen ist für den Seminarerfolg notwendig und wird ebenso vorausgesetzt, wie das Mitbringen der Texte zu den jeweiligen Seminarsitzungen. Aufgrund der Blockstruktur des Seminars fällt die Pflichtliteratur, von der relevante Teile englischsprachig sein können, für die einzelnen Termine vergleichsweise umfangreich aus (bis zu 150 Seiten). |
Bemerkung |
Das Seminar richtet sich an Studierende im zweiten Fachsemester des Bachelor-Programms "Politikwissenschaft" und wird im Rahmen von Basismodul 1 ("Einführung in die Sozialwissenschaften") angeboten. Die Inhalte der Vorlesung "Grundlagen der Politikwissenschaft" werden ebenso vorausgesetzt, wie die Teilnahme an der parallel zum Seminar in Basismodul 2 ("Sozialstruktur, Sozialordnung und politisches System Deutschlands") angebotenen Vorlesung "Politische Institutionen in Deutschland". |
Leistungsnachweis |
Anforderungen für die Teilnahme am Seminar: - Anwesenheit bei Vorbesprechung und allen vier Blockterminen - kontinuierliche Beteiligung und aktive Mitarbeit im Seminar - Lesen der Pflichtlektüre im Vorfeld der Blocktermine - Einzel- oder Gruppenreferat an einem der vier Blocktermine
Anforderungen für einen Leistungsnachweis: Schriftliche und wissenschaftlich fundierte Ausarbeitung im Umfang von sechs bis acht Textseiten, deren Inhalt sich an einem der im Seminar behandelten Themenblöcke, nicht jedoch am Themenblock des eigenen Referates, orientiert. Spätestmöglicher Abgabetermin für die schriftliche Ausarbeitung ist der 30. September 2018. |