Inhalt
Kommentar |
Inhalte: Das angebotene Seminar setzt sich in einer interdisziplinären Ansichtsweise mit den Problemen auseinander, die sogenannte „außergewöhnliche biologische Gefahrenlagen“ an die Gesellschaft stellen. Hierbei handelt es sich mitnichten nur um Ereignisse katastrophalen Ausmaßes (wie die spanische Grippe), die sich rein anhand der Letalität quantifizieren lassen, sondern auch um die Dimensionen der Entscheidungen unter Unsicherheit (bspw. bei hochdynamischen Lagen oder Bioterrorismus) und qualitative Indikatoren wie die Bewältigungskapazität bzw. Resilienz eines lokalen (Gesundheits-)Bezugssystems.
Im Rahmen der Veranstaltung sollen die Studierenden zunächst ein Verständnis für die zentralen Konzepte hinter dem Management außergewöhnlicher biologischer Gefahrenlagen entwickeln:
- Geschichtlicher Hintergrund biologischer Gefahrenlagen mit internationalen Bezügen
- Infektionsepidemiologische Grundlagen der Bevölkerungsmedizin
- Rechtliche Grundlagen des Infektions-, Katastrophen- und Zivilschutzes in der föderalen Struktur der Bundesrepublik Deutschland
- Kritische Infrastrukturen, insbesondere Sektor Gesundheit
- Globale Herausforderungen in Entwicklungsländern am Beispiel Wasser, Sanitär und Hygiene
- Vernachlässigte und wiederauftretende Infektionskrankheiten (neglected and re-emerging infectious diseases)
- Sozio-kulturelle Herausforderungen durch biologische Gefahrenlagen
Darauf aufbauend wird von der globalen „Makroebene“ der Bogen zur lokalen „Mikroebene“ im eigenen Umfeld geschlagen und anhand beispielhafter Szenarien in Fallstudien mit Fokus auf das Ausbruchsmanagement besprochen. Die Kerninhalte hierbei sind:
- Theoretische Grundlagen des Ausbruchsmanagements
- Infektionsketten und Übertragungswege
- Surveillance (Arten, Systeme, Bedeutung der Falldefinition)
- Spezifische Prophylaxe (Impfungen, Postexpositionsprophylaxe) und deren bevölkerungsmedizinische Implementation (bspw. mass drug administration)
- Bedeutung von Eradikationsprogrammen
- Differenzierung von Prävention und Preparedness
- Ausbruchsmanagement und Reaktion im Ereignisfall
- Krisenkommunikation
Abschließend werden Massenveranstaltungen als Sonderfall betrachtet, da diese ein System besonders belasten können. Verdeutlicht wird dies am Beispiel globaler religiöser Ansammlungen und von Open-Air-Festivals.
Lernziele: Die Studierenden sind nach erfolgreichem Abschluss der Veranstaltung in der Lage
- biologische Gefahrenlagen neueren Datums in den geschichtlichen Kontext einordnen.
- außergewöhnliche biologische Gefahrenlagen als dynamische Lage verstehen und in Abhängigkeit der Bewältigungskapazität lokaler Ressourcen definieren.
- den Bereich „Wasser, Sanitär und Hygiene“ (WASH) als Interventionsbereich mit Public-Health-Relevanz verstehen und für Probleme in Entwicklungsländern sensibilisiert werden.
- die Tragweite biologischer Gefahren außerhalb des medizinischen Umfelds verstehen, insbesondere die Auswirkungen auf die Gesellschaft.
- eine globale Perspektive für die Bewertung von Ausbruchsgeschehen entwickeln.
- grundsätzliche Konzepte der Bevölkerungsmedizin und Infektionsepidemiologie verstehen und anwenden.
- die Mechanismen übertragbarer Erkrankungen verstehen und auf Grundlage der Infektionskette Strategien zur Prävention und Kontrolle solcher Erkrankungen entwickeln.
- Meldesysteme in Grundzügen analysieren, evaluieren und darauf aufbauend Handlungsempfehlungen für Ausbruchssituationen formulieren.
- Falldefinitionen beurteilen und Hinweise für eine notwendige Abänderung geben.
- einfache Ausbruchsgeschehen untersuchen und die Ergebnisse in einem Abschlussbericht zusammenfassen.
- das Konzept der kritischen Infrastrukturen (KRITIS) kennen und dessen Bedeutung verstehen.
- die föderalen Zuständigkeiten im Management außergewöhnlicher biologischer Gefahrenlagen und die Handlungsmöglichkeiten des öffentlichen Gesundheitsdienstes kennen.
- Massenveranstaltungen als möglichen Multiplikator begreifen und Veranstaltungen hinsichtlich ihrer infrastrukturellen Relevanz bewerten können.
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Literatur |
- Sasse, Biederbick et al.: Biologische Gefahren I: Handbuch zum Bevölkerungsschutz, 3. Aufl., Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe, Bonn, 2007.
- Cragg, Nutland & Rudge (eds.): Applied Communicable Disease Control, 1st Ed., Open University Press, Maidenhead (GB), 2018.
- Conolly: A field manual – Communicable disease control in emergencies, World Health Organization, Genf (CH), 2005.
- Dworkin: Cases in Field Epidemiology – A Global Perspective, 1st Ed., Jones & Bartlett, Sudbury (US), 2011.
- Cliff, Smallman-Raynor: Oxford Textbook of Infectious Disease Control: A Geographical Analysis from Medieval Quarantine to Global Eradication, 1st Ed., Oxford University Press, Oxford (GB), 2013.
- Gries, Ly: Infektiologie – Kompendium humanpathogener Infektionskrankheiten und Erreger, 1. Aufl., Springer, Heidelberg, 2019.
- Sachse, Hunger: Lage – Krise – Katastrophe: Eine Konzeptualisierung biologischer Gefahrenlagen, Bundesgesundheitsblatt 62(1):94-101, 2019.
- World Health Organization: Public Health for Mass Gatherings – Key Considerations, World Health Organization, Genf (CH), 2015.
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Bemerkung |
Herr Sachse arbeitet im COVID-Meldewesen und Kontaktpersonenmanagement des Universitätsklinikum Essen (AöR), Stabsstelle Krankenhaushygiene.
*LLZ = Lehr-und Lernzentrum: Universitätsklinikum Essen, Hufelandstr. 55, 45147 Essen, siehe Lageplan des Klinikums. Zum Lageplan des Universitätsklinikums (2. Seite des PDFs, dort Quadrant "D1" auf dem Plan) [ergänzt am 09.06.2020]
Die Veranstaltung findet nur dann statt, wenn Präsenzunterricht nach den Maßgaben der Uni möglich sein wird. Zugelassene Studierende erhalten vor Beginn des Blockseminars eine Literaturliste und Themen per E-Mail vom Dozenten.
Bitte melden Sie sich hier ausschl. für das fachfremde Modul E3 Studium liberale an. Anmeldefrist ab dem 29.05.2020. Weitere Informationen zum Studium liberale, eine Liste freier Plätze, alle Veranstaltungen in chronologischer Reihenfolge etc. finden Sie oben unter „Weitere Links“. (Als Fachstudent wählen Sie zur Anmeldung das fachintern übliche Verfahren; bei LSF: die gleichnamige Veranstaltung ohne das Präfix E3.)
Späte Blockseminare eignen sich nicht für Studierende im letzten Semester. Bei Kursausfall, Nichtbestehen, Terminkonflikten etc. steht zu diesem späten Zeitpunkt ggf. keine Alternative im laufenden Semester mehr zur Verfügung. |
Voraussetzungen |
In E3 nicht geeignet für: kein Ausschluss; geeignet für Studierende aller Fächer englische Sprachkenntnisse (Quellliteratur), Vorwissen im Bereich Statistik bzw. Epidemiologie von Vorteil. |
Leistungsnachweis |
3 ECTS-Credits: Klausur (90 min.) 4 ECTS-Credits: Klausur (120 min.) 6 ECTS-Credits: Hausarbeit (10-15 Seiten) [Voraussetzung: unbenotet bestandene Klausur (90 min.)] |