Bemerkung |
Über die vergangenen Jahrzehnte hinweg hat Wirtschaftswachstum in den westlichen Industriestaaten verschiedene Formen angenommen. Während einige Länder (z.B. Deutschland) auf Industrieexporte als Wachstumstreiber setzten, baute Wachstum in anderen (z.B. angelsächsischen) Ländern stärker auf, teils kreditfinanzierten, Konsum. Das Seminar untersucht die politischen Rahmenbedingungen und politökonomischen Koalitionen, die zu den unterschiedlichen Ausgestaltungen von Wirtschaftswachstum in den westlichen Industriestaaten beitragen. Aufbauend auf einer Diskussion der keynesianisch-orientierten makroökonomischen Rahmenbedingungen in den ersten Jahrzehnten der Nachkriegszeit, untersuchen wir, warum Regierungen seit den in den 1970er Jahren beginnenden Liberalisierungs- und Deindustrialisierungsprozessen unterschiedliche Wege verfolgt haben, um Wirtschaftswachstum und wahlweise Industrieexporte und/oder gesamtwirtschaftliche Nachfrage aufrecht zu erhalten. Dabei berücksichtigen wir politische Entscheidungen hinsichtlich verschiedener politischer und ökonomischer Institutionen und Bereiche makroökonomischer Politik (z.B. Geld- und Fiskalpolitik und politische Steuerungsversuche von Angebot und Nachfrage). Insbesondere diskutieren wir, in welchem Maße Interessenvertretungen verschiedener Wirtschaftssektoren, politische Parteien und die öffentliche Meinung Einfluss auf die Ausgestaltung von Wirtschaftswachstum und makroökonomischer Politik haben und welche Verteilungseffekte damit einhergehen. Eine zentrale Frage lautet dabei, wie es Regierungen vor dem Hintergrund oftmals stagnierenden Wachstums und steigender sozialer Ungleichheit gelingt, politische Mehrheiten für ihre Wachstumspolitik zu erreichen.
Im Anschluss an die Sitzungen, in denen wir die relevante Literatur diskutieren, werden die Studierenden in den letzten Sitzungen die vorläufigen Themen ihrer Seminararbeiten vorstellen und die Möglichkeit haben, Feedback einzuholen.
Voraussetzungen für eine erfolgreiche Teilnahme am Seminar sind das Verfassen eines kurzen Essays (2-3 Seiten) zur behandelten Literatur, ein Exposé (3-5 Seiten) zu einer geplanten, eigenständigen Seminararbeit, die Präsentation des Exposés eines/r Kommilitonen/in, sowie das Verfassen einer Seminararbeit (4.000-6.000 Wörter).
Hintergrundliteratur
Baccaro, L., & Pontusson, J. (2016). Rethinking comparative political economy: the growth model perspective. Politics & Society, 44(2), 175-207.
Scharpf, F. W. (1991). Crisis and choice in European social democracy. Ithaca: Cornell University Press.
Tooze, A. (2018). Crashed: How a decade of financial crises changed the world. London: Penguin. |