Kommentar: |
Zum Inhalt des Seminars: Im internationalen Vergleich zählt Deutschland zu den reichsten Ländern der Welt. Doch nicht alle in Deutschland lebenden Menschen partizipieren gleichermaßen an diesem Reichtum. Vielmehr ist in der jüngeren Vergangenheit ein Trend zu beobachten, demzufolge prekäre Einkommenslagen zunehmen und der Anteil der von relativ günstigen ökonomischen Bedingungen geprägten „Mittelschicht" abnimmt. Das Interesse des Seminars richtet sich u.a. auf die Unterschiede, die sich unter der Oberfläche des reichen und entwickelten Landes verbergen. Die Verteilung von Einkommen stellt hierbei nur eine Dimension dar, die die Situation von Individuen und Bevölkerungsgruppen, ihre Position in der Gesellschaft und ihre Teilhabemöglichkeiten am gesellschaftlichen Leben beeinflussen. Das Konzept der „Lebenslage" eignet sich in diesem Zusammenhang, die zentrale Bedeutung finanzieller Ressourcen in der Marktgesellschaft zu verdeutlichen, ohne die Bedeutung anderer Faktoren, wie zum Beispiel eines guten Gesundheitszustandes oder einer ausreichenden Wohnversorgung, auszublenden und die Wechselwirkungen zwischen diesen einzelnen Faktoren zu verdeutlichen. Dies wird im Verlauf des Seminars an anhand ausgewählter Lebenslagedimensionen und hinsichtlich bestimmter Bevölkerungsgruppen herausgearbeitet. Darüber hinaus wird sich das Seminar mit der Frage auseinandersetzen, wie sich in diesem Kontext das Wechselverhältnis von Sozialstaat und Gesellschaft darstellt. Sozialstaatliche Intervention wird hierbei als Reaktion auf spezifische Problemlagen verstanden, auf die durch regulative Politik, durch die (Um-) Verteilung von finanziellen Mitteln und die Bereitstellung sozialer Dienstleistungen reagiert wird. Das analytische Interesse zielt bei der Auseinandersetzung mit diesen Zusammenhängen zum Einen darauf, ob und in welchem Maße es gelingt, benachteiligte Lebenslagen bis hin zu Armut und Ausgrenzung zu vermeiden bzw. abzubauen. Zum Zweiten soll verdeutlicht werden, dass sozialstaatliche Interventionen nicht einfach nur reaktiv Probleme mildern, sondern strukturierend auf die Gesellschaft rückwirken, indem sie bestimmte Lebensphasen und Lebensformen fördern und konstituieren (so Kindheit, Jugend, Alter, Familie) und damit gleichzeitig bestimmte Bedarfe legitimieren und festschreiben.
|
Literatur: |
Grundlagenliteratur: Bäcker, Gerhard u.a. (2008): Sozialpolitik und Soziale Lage in Deutschland, Band 1 & 2, Wiesbaden (VS-Verlag) Bundesregierung (2008): Lebenslagen in Deutschland. Der dritte Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung, Berlin (Online verfügbar auf den Seiten des Bundesministeriums für Arbeit & Soziales) |