Thema: Kunstsoziologie der Moderne: Ästhetizismus und Décadence
Vorlesung
Tag: Mittwoch Uhrzeit: 16-18h Ort: S03 V00 E71
HS/GS (alle Studiengänge; Module: Kunstwissenschaft, Ästhetik, medien; Kunst und Gesellschaft; Designwissenschaft; BA - kunsttheorethische u. -soziologische Grundlagen der Moderne)
Inhalt:
Das gegenwärtige Kunstsystem steht unter erheblichem Legitimationszwang: Abhängig von öffentlich-finanzierten Distributionswegen betreiben Künstler großen Aufwand, den gesellschaftlichen Nutzen ihrer Arbeit zu unterstreichen. So versucht man beispielsweise bei der Konzeption der letzten Documenta das künstlerische mit dem wissenschaftlichen Experiment gleichzusetzen. Eher bizarre, heute einen festen Platz in der Kunstgeschichte einnehmende Phänomene wie der Wiener Aktionismus, die Sexualpathologien zitierenden Formulieren der Elke Krystufek oder die blasphemischen Äußerungen der sogenannten „New Artists from UK“ – sie alle werden zunehmend von Kategorien des sozialen Nutzens verdrängt.
Blickt man zurück ins 19. Jahrhundert, insbesondere auf die Zeit der Jahrhundertwende, fallen künstlerische Strömungen ins Auge, welche die Liaison von Kunst und Moral deutlich konterkarieren. Die Basis dafür finden wir in der französischen Salonmalerei bzw. im sogenannten L’art pour l’art. Wenn auch die strenge Unterscheidung von Schönem und Angenehmem der Kant’schen Ästhetik in der französischen Kunstphilosophie eine untergeordnete Rolle spielt, so bildet das Bekenntnis zum Virtuosen und Artifiziellen etwa in der Salonmalerei von Alexandre Cabanel bis zu Félicien Rops doch eine bewusste Missachtung erhabener Ansprüche in der Kunst. Die Kritik an der „Franzosenkunst“, die Abwertung des L’art pour l’art bestimmt entsprechend auch den Kunstdiskurs im Deutschland der Jahrhundertwende.
In besonderer Weise ist es jene Überästhetisierung pathologischer Zustände ist, welche unter das Verdikt der „Entartung“ fallen. Dies betrifft die dekadente Lust am Untergang, das scheinbar genüssliche Schwelgen in menschlichen Unzulänglichkeiten, oft begleitet von blasphemischen, amoralischen bzw. sexualpathologischen Manifestationen oder auch nur einem Bekenntnis zum Dandyismus als einer sanften Form der Verweigerung traditioneller wie moderner Gruppenzwänge.
In der Vorlesung werde ich einige wichtige Stationen dieser „Kulturellen Weigerung“ skizzieren, beginnend mit den arabeskenhaften Körperbegriffen des Orientalismus über die literarischen Manifeste des L’art pour l’art von Théophile Gautier und Barbey d’Orevilly bis hin zu den Vertretern der Bohème des Fin de Siècle wie zum Beispiel Huysmans, Rops, Schiele und anderen. Der Einfluss einer „schwarzen“ Philosophie, insbesondere jener Nietzsches, wird dabei gleichermaßen mit behandelt.
Die Vergabe von Leistungsnachweisen bzw. Credits setzt die Abfassung von Hausarbeiten bzw. Essays voraus.
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